Charakterisierung von Rattenmutanten mit spontanem Drehverhalten
Final Report Abstract
Induziertes oder spontanes Drehverhalten (engl.: circling) von Labornagern ist der am häufigsten experimentell verwendete Verhaltensparameter am Tiermodell zur Untersuchung von Hirnasymmetrien. Mit Hilfe solcher Tiermodelle konnte eine Reihe von wichtigen Erkenntnissen zur Funktion und Lateralität unterschiedlicher Hirnregionen gewonnen werden. Abnormes Drehverhalten wird als Modell für Bewegungsstörungen des Menschen genutzt. Das bekannteste Beispiel dafür ist das Ungerstedt-Modell der Ratte für den Morbus Parkinson, in dem bei Ratten nach unilateraler Läsion der dopaminergen nigrostriatalen Projektion durch pharmakologische Manipulation intensives lateralisiertes Drehverhalten ausgelöst werden kann. Spontan auftretendes, abnormes Drehverhalten wurde bei einer Reihe von Nagermutanten beschrieben; bei keiner dieser Mutanten ist jedoch das Drehverhalten lateralisiert. In den vergangenen 10 Jahren wurden von der Arbeitsgruppe des Antragstellers zwei neue Rattenmutanten mit spontanem Drehverhalten und weiteren neurologischen Störungen, LEW/Ztm-ci2/c/2 und BH.7A/Ztm-c/3/cz3 (Gensymbol ci für circling), beschrieben. Bei beiden Mutanten ist das spontane Drehverhalten, das autosomal rezessiv vererbt wird, lateralisiert; die Mutanten unterscheiden sich jedoch erheblich in weiteren, den Phänotyp charakterisierenden Symptomen. Im Rahmen des DFG-Projekts sollten Phänotyp, Pathophysiologie und Modellcharakter der beiden Mutanten unter Berücksichtigung der inzwischen identifizierten Kandidatengene weiter charakterisiert werden. Die bisher vorliegenden Ergebnisse zeigen, dass am Drehverhalten beider Mutanten eine Lateralisierung des dopaminergen Systems beteiligt ist. Die Ursachen dieser Funktionsstörung sind jedoch bei beiden Mutanten sehr unterschiedlich. Bei der ci3-Mutante liegt kein Innenohrschaden, sondern eine primäre Veränderung auf der Ebene von Dopamin-D3- Rezeptoren vor. Damit ist die ci3-Mutante ein interessantes neues Modell zur Untersuchung der Funktionen dieses Dopaminrezeptors. Dagegen hat die ci2-Mutante einen primären Innenohrschaden durch eine Mutation des Myosin-15-Gens, der sekundär zu neurologischen Störungen führt. Der Phänotyp der ci2-Mutante ähnelt stark dem klinischen Erscheinungsbild des Usher-Syndroms. Die Untersuchungen zeigen, dass mit den zwei ci-Mutanten interessante Tiermodelle zur Verfügung stehen, die weiterführende Untersuchungen zur Lateralisierung striataler Funktionen und zur Pathogenese von Bewegungsstörungen ermöglichen.
Publications
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