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Religion und Lebensformen. Katholische Konfessionalisierung im Sendgericht des Fürstbistums Münster (1570-1800)

Subject Area Roman Catholic Theology
Term from 1999 to 2000
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5225736
 
Wie setzte sich - nach der Reformation und nach dem Konzil von Trient - die erneuerte katholische Religiosität in Dorfpfarreien der frühen Neuzeit durch? Wie konnte die Konfession Kultur und Identität eines Raumes prägen? Knapp 19.000 Sendgerichtsprotokolle berichten von den Schwierigkeiten, zwischen 1570 und 1800 das religiöse und das soziale Leben auf dem Land aufeinander abzustimmen. Dem Forschungskonzept "Konfessionalisierung" ist es um die inneren Entwicklungsschübe ganzer Gesellschaften zu tun. Es versucht die Verklammerung der Religion mit Politik und Gesellschaft zu beschreiben und so die Leitsektoren der Geschichtsströme zu verbinden. Vor allem geht es um den Wandel der Lebenswelten durch eine dem Glauben entsprechende Lebensführung. Dadurch werden Mentalitäts-, Sozial-, Gesellschafts- und Religiositätsgeschichte gemeinsam virulent. Das Buch behandelt- die kollektive Biographie geistlicher Berufsstände vom Domherrn bis zum Dorfküster; Ausbildung und soziale Lage, familiare Lebensformen und Wirtschaftsweisen, geistlich-liturgische Intensivierung, Buchbesitz und Lektüre und die "Ökonomie" des geistig-materiellen Austausches zwischen Klerus und Gemeinde,- den Wandel von Gebäuden, Räumen, Orten und Wegen, religiösen Ressourcen und Fonds,- die Devotionsformen und liturgischen Vollzüge, die Sonn- und Festtagsgestaltung zwischen ritueller Feier, Handel und Geselligkeit, Versittlichung und Verfleißigung,- die Beziehungsgeflechte von Haus und Nachbarschaft, Familie und Sexualität, Streit und Gewalt, die Kämpfe um Ehre und "soziales Kapital" am religiösen Ort,- die religiöse Verarbeitung der Wende- und Krisenpunkte des Lebens: Geburt und Taufe, Eheanbahnung und Familiengründung, Krankheit, Sterben und Begräbnis,- Glauben und Wissen im Konflikt mit "Volksmagie" und "Aberglauben".In der Vermittlung zwischen den obrigkeitlichen Regeln und den Erfordernissen des individuellen und sozialen Lebens wandelte sich die Eindeutigkeit eines fest umrissenen Glaubenskanons in die Vieldeutigkeit von Katholizität als sozialer Praxis. Die Menschen in den ländlichen Pfarreien erscheinen dabei weder als autochtone Gegenkultur (des "Volkes") noch als passives Formierungsobjekt (in der Hand von "Eliten"), sondern als eine interaktive und in sich differenzierte Gruppe.
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