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Heilige in Sammlungen, gesammelte Heiligkeiten. Sammlungspraxis und die Modellierung religiöser Leitbilder in Legendaren des Hoch- und Spätmittelalters

Fachliche Zuordnung Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 523415362
 
Das Projekt fragt nach der Ausbildung religiöser Leitbilder anhand der gezielten Auswahl und Zusammenstellung von Kurzlegenden in umfangreichen Sammlungen (‚Legendaren‘). Diese Sammlungspraxis hat, so die These, entscheidenden Einfluss auf die Erzählform der Legenden, da diese fortwährend an spezifische Sammlungsinteressen und pragmatische Kontexte angepasst werden. Im Zentrum stehen Sammlungen, die in Klöstern des Zisterzienserordens produziert und rezipiert wurden. Gegenüber einer Forschung, die eher die Normierung im Diskurs religiöser Didaxe betont, werden im Blick auf die Sammlungen vielmehr die Freiheiten in der multifunktionalen Adaptation von Legenden fassbar. Zisterziensische Legendenproduktion ist dabei in ordensspezifischer Weise im Spannungsfeld zwischen Norm und Praxis anzusiedeln, denn gerade in Bezug auf die Legendare besaßen die einzelnen Klöster offenbar einen gewissen Gestaltungsspielraum, der in seiner Bedeutung für die religiösen Textkulturen des Mittelalters noch nicht ausreichend erforscht wurde. Zwar reagierten die Sammlungen auf Normierungsbestrebungen des Ordens, doch stellten die Zisterzen die Legendare durchaus nach ihren lokalen Bedürfnissen zusammen. Daher sollen die spezifischen Verschiebungen und Dynamisierungen von Heiligkeitsentwürfen in unterschiedlichen klösterlichen Milieus und Akteurskreisen in exemplarischen Fallstudien zu zisterziensischen lateinischen Legendaren des 12. Jahrhunderts (Unterprojekt 1) und volkssprachlichen Legendaren des 15. Jahrhunderts (Unterprojekt 2) untersucht werden. Das Unterprojekt 1 untersucht anhand dreier Legendare (Cîteaux, Clairvaux sowie des ‚Magnum Legendarium Austriacum‘) die Genese zisterziensischer Sammlungspraxis und fragt nach Gründen für die Veränderungen von Sammlungsstrategien im Spannungsfeld lokaler Interessen und dem universalen Anspruch des neuen Ordens. Das Unterprojekt 2 fragt nach den Sammlungsstrategien und -konzeptionen volksprachlicher Legendare am Beispiel der Lichtenthaler Schreibmeisterin Regula. Deren Œuvre soll stärker, als es bisher geschehen ist, als Projekt zisterziensischen Sammelns und im Blick auf die Variabilität und Prozessualität legendarischen Erzählens beschrieben werden. Vor dem Hintergrund der im Projekt erarbeiteten Aspekte zisterziensischer Sammlungspraxis verspricht dies neue Erkenntnisse zur Transformationen religiöser Leitbilder im Kontext volkssprachlicher Schriftlichkeit und Klosterreform im 15. Jahrhundert. Im Projekt wird somit das Thema historisch und systematisch perspektiviert: Die beiden Unterprojekte bauen historisch aufeinander auf und verfolgen in systematischer Hinsicht das Ziel, die Dynamisierung religiöser Leitbilder in unterschiedlichen sozialen und institutionellen Kontexten sowie in Prozessen der réécriture und Übersetzung hagiographischer Texte beschreibbar zu machen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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