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Kulturen des Nichtfunktionierens. Die lange und schwierige Geschichte der digital vernetzten Fabrik

Fachliche Zuordnung Wissenschaftsgeschichte
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 523965575
 
Im Jahr 2011 wurde der Begriff Industrie 4.0 auf der Hannover Messe eingeführt. Industrie 4.0 wurde als ein disruptives Paradigma der industriellen Produktion propagiert. Doch schon bald kamen Fragen zur Ähnlichkeit mit Computer Integrated Manufacturing (CIM) auf, einem Konzept, das Mitte der 1980er und Anfang der 1990er Jahre debattiert und in Fabriken einzuführen versucht wurde. Auch wenn beide Konzepte als radikal neue Konzepte der industriellen Produktion verkündet wurden, so wurde der revolutionäre Charakter von Industrie 4.0 bald hinterfragt. Es war die Rede von "CIM-reloaded" oder "altem Wein in neuen Schläuchen". Auch das in den 1990er Jahren vieldiskutierte Scheitern von CIM wurde neu betrachtet. Die Debatten über CIM und Industrie 4.0 mündeten in einer Debatte um disruptive vs. evolutionäre Entwicklungen und um die Frage nach Scheitern und Erfolg. Das geplante Vorhaben stützt sich auf viele jüngere Forschungen zur Geschichte von CIM und zu Industrie 4.0. Der zentrale Gedanke ist jedoch, die bestehenden Narrative, die sich um Fragen der Evolution oder Disruption, um die Frage des Scheiterns von CIM oder die Bewertung von Industrie 4.0 als "zweite" Stufe von CIM drehen, neu zu interpretieren. So soll CIM als der Ausgangspunkt einer Geschichte eines schwierigen, langen, mühsamen Prozesses zur Etablierung einer digital vernetzten Fabrik untersucht werden. Gefragt wird daher nicht, wie meist üblich, nach den "Treibern" der technologischen Entwicklung. Vielmehr soll die Geschichte der digital vernetzten Fabrik als ein typischer Digitalisierungsprozess einer langsamen, verzögerten Einführung einer neuen Technologie, die immer mit einer Vielzahl von Hindernissen und Problemen konfrontiert ist, untersucht werden. Ziel ist es, bisherige Narrative zu verschieben, indem das Projekt eine historische Perspektive einnimmt und den Fokus auf das Nichtfunktionieren legt. Während das Schwerpunktprogramm "die systematische Transformation als einen Prozess untersucht, der sich in drei sich überlagernden Bewegungsdynamiken manifestiert: Durchdringung (...), Verfügbarmachung (...) und Perpetuieren", dreht das geplante Projekt diese Perspektive um, indem es nicht nach den Auswirkungen von Digitalisierungsprozessen fragt, sondern nach den sozio-technischen Bedingungen des "Durchdringens, Verfügbarmachung und Perpetuierung". Es untersucht, inwieweit die Digitalisierung der Arbeitswelt in einem langen und schwierigen Prozess gestaltet wurde oder, kurz gesagt, in einem einen Prozess des permanenten Nichtfunktionierens. Über die Neuinterpretation der Geschichte von CIM hinaus verfolgt das Projekt zwei übergreifende Ziele: Erstens soll die grundsätzliche Frage nach dem Wandel und den Mechanismen der digitalen Transformation aus der Perspektive des Nichtfunktionierens und des "broken world thinking" (Jackson 2014) diskutiert und neu interpretiert werden. (Jackson 2014). Zweitens zielt das Projekt auf die Etablierung einer Historiographie des Nichtfunktionierens.
DFG-Verfahren Schwerpunktprogramme
 
 

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