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Sexualwissenschaft, Selbstbestimmung und Transnationalismus: Globale Skripte der frühen Schwulenbewegung in Deutschland (1865-1969)

Fachliche Zuordnung Politikwissenschaft
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 524420960
 
Das Niveau der wirtschaftlichen Entwicklung, der liberalen Demokratie und der innenpolitischen Legitimität internationaler Normen werden als Prädiktoren für die Unterstützung eines Staates für die Rechte der sexuellen Orientierung und Geschlechtsidentität (SOGI) herausgegriffen. Der empirische Umfang der Literatur beschränkt sich jedoch auf die Verbreitung der SOGI-Rechte nach den Stonewall-Unruhen von 1969 und vernachlässigt die drei Wellen der SOGI-Befürwortung seit dem 19. Jahrhundert. Dieses Projekt erweitert den historischen Analyserahmen und wirft folgende Fragen auf: Wie und warum wird Sexualität von Reformbewegungen in kritischen Momenten der Staatsbildung und internationalen Ordnung neu definiert? Welchen Einfluss haben Transnationalismus und Sexualwissenschaft auf die Erfindung und Verbreitung sexueller Identitäten und Gerechtigkeitsansprüche? Welche Auswirkungen haben Veränderungen in den internationalen Beziehungen auf die Sexualpolitik? Dieses Projekt wendet die historische Fallstudienmethode an, um ein Modell der Erfindung und Entwicklung von SOGI-Normen zu erstellen. Der durch die Globalisierung entstandene Aufstieg einer neuen Mittelschicht hat nicht unbedingt zu einer Verbreitung postmaterieller Werte einschließlich SOGI-Rechten, sondern vielmehr zu einer geopolitischen Spaltung der Sexualität geführt. Dieses Projekt zeichnet die Entstehung und Entwicklung von SOGI-Normen innerhalb einer größeren historischen Sequenz nach, um erweiterte Zeitverzögerungen, Rückkopplungen und Pfadabhängigkeitsmechanismen zu berücksichtigen, die normalerweise von auf der Modernisierungstheorie basierenden Normenverbreitungsmodellen ausgelassen werden. Deutschland bietet einen einzigartigen Fall, um den Einfluss der Politik auf die Entstehung der ersten homosexuellen Bewegung im späten 19. Jahrhundert zu untersuchen, die von der Modernisierungstheorie normalerweise als Anomalie behandelt wurde. Dieses Projekt verwendet Process-Tracing, um die Wechselwirkungen zwischen dem internationalen System und der Sexualpolitik anhand von vier Episoden zu modellieren: der Deutschen Einigung, dem Wilhelminischen Kaiserreich, der Weimarer Republik und dem Adenauer-Regime. Deutschland stellt die Erforschung der Sexualpolitik vor ein Rätsel: Im 19. Jahrhundert war es der Geburtsort der ersten homosexuellen Bewegung, während es unter der Herrschaft der NSDAP Homosexuelle in einem beispiellosen Ausmaß verfolgte. Trotz seiner einzigartigen Geschichte bleibt Deutschland ein wenig untersuchter Fall in der IR-Literatur zur Sexualpolitik. Indem es sich auf die Erfindung der SOGI-Rechte vor 1969 konzentriert, behauptet dieses Projekt, dass Sexualreformer den Diskurs über Minderheitenrechte und das Recht auf Selbstbestimmung in Sexualpolitik übersetzt haben. Es betont die Rolle von Transnationalismus, Wissensaustausch und Sexualwissenschaft bei der ursprünglichen Artikulation der SOGI-Rechte im 19. Jahrhundert und ihrer Entwicklung bis 1969.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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