Analyse der Zusammenarbeit Hitlers mit seinen Vertrauensarchitekten hinsichtlich der Planung von Repräsentationsarchitektur im Nationalsozialismus.
Final Report Abstract
Im Rahmen des Projektes wurden Leben und Werk derjenigen Architekten aufgearbeitet, die mit Hitler am engsten zusammengearbeitet haben: Paul Ludwig Troost, Albert Speer, Hermann Giesler und Roderich Fick. Rekonstruiert wurde auch ihre Biografie vor 1933 und nach 1945, wodurch künstlerische und personelle Kontinuitäten deutlicher als zuvor möglich nachgezeichnet werden konnten. Für alle vier Architekten wurden Werkkataloge erstellt, womit ihr gesamtes Schaffen erstmals zugänglich gemacht wird. Die Monografien erscheinen in rascher Folge, beginnend im Oktober 2012 mit Troost, in einer neuen, nach dem Projekt benannten Buchreihe im Böhlau-Verlag. Mit den Studien werden zahlreiche, der Wissenschaft bislang unbekannte Quellen erstmals publiziert, neben den Nachlässen von Troost und Fick darunter auch etliche, deren Existenz zum Zeitpunkt der Antragstellung nicht bekannt war: in Privatbesitz befindliche Akten und Pläne zu allen vier Architekten, die nahezu vollständigen Tagebücher von Paul Ludwig und Gerdy Troost sowie zahlreiche Architekturzeichnungen Hitlers. Die Studie zu Troost liefert wichtige Erkenntnisse zu den stilistischen Kontinuitäten zwischen Weimarer Republik und Nationalsozialismus und forscht nach den Gründen, weshalb Hitler den Innenarchitekten im Jahr 1930 zu seinem Baumeister macht und warum beide für den Neoklassizismus als Repräsentationsstil für die Staatsarchitektur des NS-Regimes wählen. Beleuchtet wird auch die Rezeption Troosts nach 1934 und – erstmals – die Tätigkeit des von Troosts Witwe Gerdy weitergeführten Ateliers Troost. Innerhalb der Untersuchung von Leben und Werk Albert Speers werden seine beruflichen Anfänge sowie sein Aufstieg zu Beginn der 1930er Jahre erstmals anhand von Quellen nachgezeichnet. Analysiert wird auch Speers Rolle als „verlängerter Arm“ Hitlers und damit einhergehend sein Einfluss auf das gesamte Baugeschehen im Deutschen Reich. Der Blick auf Speers Werdegang nach seiner Haftentlassung 1966 rundet die Darstellung seiner Biografie ab. Die Monografie zu Roderich Fick zeichnet die erstaunliche Karriere des bislang wenig beachteten Architekten nach, vor allem seinen Aufstieg und Fall im Nationalsozialismus. Herausgearbeitet wird Ficks singuläre Stellung als Architekt, der von Hitler als Spezialist für oberbayerische Bauformen geschätzt wird und deshalb wie kein anderer seine künstlerische Eigenständigkeit bewahren kann. In der Monografie zu Hermann Giesler wurden die umfangreichen Bauplanungen des Architekten erstmals eingehend dargestellt und analysiert, seine Stellung als „Architekt Nr. 2“ im „Dritten Reich“ sowie seine Konkurrenz zu Albert Speer detailliert herausgearbeitet. Zusammen lassen die vier Monografien die unterschiedlichen, ja gegensätzlichen Persönlichkeiten jener vier Architekten deutlich werden, die mit ihren Bauten und Entwürfen die architektonische Schauseite des Nationalsozialismus am stärksten geprägt haben. Ebenso zeigen sie, so umfassend und eingehend wie nie zuvor, die weitreichende Beschäftigung Hitlers mit Architektur und sein Einwirken selbst in Detailfragen. Alle vier Arbeiten erweitern die Kenntnis des Baugeschehens im „Dritten Reich“ und der Rolle Hitlers erheblich und stellen aufgrund der eingearbeiteten umfangreichen, neuen Quellenbestände und der Werkkataloge der vier Architekten eine wichtige Grundlage für künftige Forschungen zum Thema dar.
Publications
- Der Architekt Hermann Giesler (1898–1987) – Leben und Werk (Studien aus dem Institut für Baugeschichte, Kunstgeschichte, Restaurierung mit Architekturmuseum Technische Universität München – Fakultät für Architektur), Tübingen 2008
Michael Früchtel
- Hermann Giesler, ein Architekt im Schatten Hitlers, in: Siegener Beiträge. Jahrbuch für regionale Geschichte, Bd. 13–14, 2008/2009, 220–246
Michael Früchtel
- Hitler als Architekt. Bauten als Mittel zur Stärkung der „Volksgemeinschaft, in: Hitler und die Deutschen. Volksgemeinschaft und Verbrechen, hrsg. v. Hans- Ulrich Thamer und Simone Erpel, Dresden 2010, 74–81
Winfried Nerdinger
- Architekturen des „Dritten Reiches“. Völkische Heimatideologie versus internationale Monumentalität
Raphael Rosenberg
(See online at https://doi.org/10.11588/artdok.00001501) - Gerdy Troost – Urkunden und kunsthandwerkliche Arbeiten 1937–1945, in: Militaria. Fachjournal für Auszeichnungen, Uniformierung, Militär- und Zeitgeschichte 2011, Heft 4, 128–136
Timo Nüßlein
- Paul Ludwig Troost (1878–1934) (Hitlers Architekten, Bd. 1: Historischkritische Studien zur Regimearchitektur des Dritten Reiches, hrsg. v. Winfried Nerdinger und Raphael Rosenberg), Böhlau-Verlag, Wien/Köln/Weimar 2012
Timo Nüßlein
- Roderich Fick und Linz – eine weitgehend unbekannte Geschichte, in: „Hitlerbauten“ in Linz. Wohnsiedlungen zwischen Alltag und Geschichte. 1938 bis zur Gegenwart, Kat. Ausst., hrsg. v. NORDICO Stadtmuseum, Linz 2012, 152–180
Lioba Schmitt-Imkamp