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Montaigne, die Imagination und die Kunst

Subject Area European and American Literary and Cultural Studies
Term from 2000 to 2001
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5268772
 
Das Ziel der Arbeit ist es, erstmalig die Relevanz der Konzepte von imagination und fantaisie in den Essais von Michel de Montaigne zu klären und den besonderen Begriffsgebrauch des Autors im historisch diskursiven Feld des 16. Jahrhunderts (Theologie, Poetologie, Erkenntnistheorie) zu situieren. Sowohl die ästhetischen Gesetze des Essays als literarischer Form und Darstellungsmedium des schreibenden Ich als auch die literargeschichtlichen Leitlinien des modernen Verstehens des Konzepts der Imagination erscheinen mit der angewandten Fragestellung in einem neuen Licht. Begriffsgeschichtlich handelt es sich darum, das Hervortreten des bildbildenden Imaginationsvermögen gegenüber der passiven abbildenden Imaginationsfunktion zu erkennen. Montaigne operiert mit dem bildproduzierenden imaginativen Vermögen und stellt damit Verstehen und Gegenstandskonstituierung auf Seiten des Autors wie auf Seiten des Lesers als amimetische Verfahren heraus. Er plädiert für einen Stilbegriff des Schreibens und konzipiert die matière als Gegenstand der Schrift über die manière, über die besondere Art und Weise des imaginativen Sehens und Erfassens des Gegenstands. Der Imaginationsbegriff ist das generierend-strukturierende Prinzip der Essais; deren sinnbildliche Figur und die Entsprechung des sich in der Schrift darstellenden Ich, das sich an der Grenze der Unverständlichkeit bewegt, ist die Groteske. Ich-Darstellung geschieht in dem Versuch, den imaginativen Prozess des Subjekts in Schrift zu bannen. Die theoretisch-kritische Durchführungskraft Montaignes, Sprache als Medium der Darstellung von Wahrheit, Welt und Ich zu befragen, ist also ungleich intensiver als bislang vermutet. Das ästhetikgeschichtliche Interesse der Arbeit ergibt sich aus der vorgestellten Erkenntnis. Es liegt darin, ein vorcartesisches, literarisches Konzept von Subjektivität aufzuweisen und damit Leitlinien einer noch zu konzipierenden Genealogie der Moderne zu entwickeln.
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