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Zwangsgeräumt – Logiken, Praktiken und Vulnerabilitäten im Kontext von Entmietungsvorgängen in Zeiten der Mehrfachkrise

Antragstellerin Dr. Sarah Klosterkamp
Fachliche Zuordnung Humangeographie
Förderung Förderung seit 2023
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 528992907
 
In den letzten zehn Jahren haben umfangreiche Forschungsarbeiten eine weltumspannende Wohnungskrise dokumentiert. Diese Krise wurde zuletzt durch die globale Pandemie und damit verbundenen Lohnausfällen, den internationalen Auswirkungen des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine, steigende Wohnnebenkosten und einer inflationsbedingten Abwertung der Nettolöhne quantitativ (zu wenig Wohnraum), ökonomisch (zu hohe Nettokaltmieten) als auch rechtlich (Rücknahme der Mietpreisbremse) weiter verschärft. Diese aktuellen Entwicklungen und Befunde sind die Ausgangslage des Projektes, das die Logiken von sogenannten Zwangsräumungen und Entmietungsvorgängen untersucht. Es wird zeigen, auf welche Weise unliebsame Mieter*innen durch das Mittel des Rechts Wohnraum entzogen wird und inwiefern diese Vorgänge durch Instandhaltungs- bzw. Inwertsetzungslogiken von Seiten derjenigen, die Immobilien besitzen oder verwalten, angeleitet werden. Damit fokussiert es bislang unterbelichtete Bereiche der kritischen Stadtforschung, die sich in den vergangenen Jahren überwiegend auf eine Erklärung der Gentrifizierungs- und Verdrängungsprozesse, deren zugrundeliegenden regulativen und polit-ökonomischen Mechanismen, neoliberale Stadt(teil)politiken, die Krise der ländlichen Räume und die zunehmende Finanzialisierung des Immobilienmarktes beschränkt haben. Bisher gar nicht berücksichtigt wurden die institutionell-rechtlichen Instanzen, die die verschiedenen städtischen Verdrängungsmechanismen und Ausschlüsse im Kontext bezahlbaren Wohnraums tagtäglich in die legale Praxis umsetzen. Empirisch untersucht wird dies im Projekt zum einen an den Richter*innenpulten in den Gerichtssälen deutscher Amtsgerichte, in denen diejenigen, die aufgrund von Mieterhöhungen nach Modernisierung, krisenbedingten Zahlungsverzügen oder Lohnausfällen nach langer Krankheit, hier ihre rechtswirksamen Räumungstitel erhalten (sollen) und dabei jenen gegenüberstehen, die diesen Entmietungsvorgang als Vermietende billigend in Kauf nehmen oder forcieren – oder als Richter*innen abmildern oder verhindern könnten. Zum anderen nimmt das Projekt auch die Seite des Portfoliomanagements und Rentabilitätsstrategien derjenigen in den Blick, die Immobilien besitzen und verwalten, indem Interviews mit Interessensverbänden geführt und Immobilienmessen und Workshops für Vermieter*innen besucht werden, in denen diese Logiken und Entmietungspraktiken aufgespürt und nachvollzogen werden können. Das Projekt beantwortet damit die wichtige Frage wer eigentlich diejenigen sind, die tagtäglich zwangsgeräumt oder entmietet werden sollen, welcher Umstand diese Vorgänge anleitet und wie sich in Kontexten von Bürokratien und in Zeiten der Mehrfachkrise strukturelle Ungleichheiten und Vulnerabilitäten im Bereich des Wohnens jenseits von Eigentum entlang der Kategorien Alter, Geschlecht, Einkommen und Nationalität weiter verschärfen.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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