Project Details
Die Camera Obscura als Mittel und Medium in der Lerntätigkeit
Applicant
Jochen Dietrich
Subject Area
General and Domain-Specific Teaching and Learning
Term
from 2000 to 2001
Project identifier
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5298236
Erstes Ziel der Arbeit ist es, das Konzept des expansiven (Kontexte veränderndes, Bedingungen neu setzendes, aus Konflikten und strukturellen Widersprüchen erwachsendes) Lernens weiter zu untersuchen. Dies ist untrennbar mit einer Betrachtung, dessen verbunden, was Mittel (Werkzeuge) für die Lerntätigkeit bedeuten. Als spezifisches Mittel wird ein bilderzeugendes Werkzeug - die Camera obscura oder Lochkamera - untersucht.Die Betrachtung der Camera Obscura bildet den ersten Schwerpunkt. Wichtige Bezugspunkte dabei sind Jonathan Crarys Analyse (die zwar die zusammengesetzte Natur der Kamera als Werkzeug und Zeichen erfasst, jedoch vor allem historisch und auf der makroästhetischen (vgl. Deleuze) Ebene erfolgt und daher eine zeitgenössische Praxis der Camera-obscura-Forografie nicht erreichen kann) und die Theorie des fotografischen Aktes (P. Dubois u.a.), die zur Analyse eben jener Praxis herangezogen wird. Im Ergebnis werden i.S. von Ausgangshyspothesen Bestimmungsstücke zu einer pragmatischen Ästhetik der Camera Obscura vorgelegt (Einfachheit, Zufall...).Das Konzept des Expansiven Lernens wird im theoretischen Bezugsfeld der kulturhistorischen Schule (Vygostkij et al.) und der Überlegungen G. Batesons zu einer Taxonomie des Lernens erläutert und insbeondere der Frage nach dem Status des Subjektes nachgegangen. Mit den Überlegungen zur Fotografie und zum Lernen ist damit der Erwartunshorziont für die praktische Arbeit mit den Jugendlichen abgesteckt.Als "Herzstück" der Arbeit werden sodann die beiden "Fälle" ausführlich beschrieben und vergleichend interpretiert. Dabei wird gezeigt, wie sich das Mittel Camera Obscura in zwei kulturell unterschiedlichen Kontexten entfaltet. Bezugstheorien bzw. -texte sind dabei neben Goethes Überlegungen zum Verhältnis von Besonderem und Allgemeinen und Benjamins Gedanken über das Problem Wirklichkeit vs. Wahrheit (vor allem im Vorwort zum Trauerspiel-Aufsatz) Alexander Jurijas Projekt einer "romantischen Wissenschaft" und Clifford Geertz' Ansatz der "Dichten Beschreibung".Der Beitrag der Arbeit zur weiteren Konturierung der Erziehungswissenschaften als Disziplin und zu ihrer Methodologie besteht in einer Neubewertung der qualitativen Fallstudie, die als genuin erziehungswissenschaftliches Intrument in Vorschlag gebracht wird, als eine "romantische Wissenschaft" vom Besonderen, eine "mathesis singlularis" (Bartes). Das Lehr-Lernexperiment als "Labor im Feld" wird als für die erziehungswissenschaftliche Forschung spezifisch herausgearbeitet, da deren Gegenstandsbereich nie eine sozusagen "wilde" Praxis ist, die lediglich beobachtet wird, sondern eine, die nicht getrennt von der Perspektive einer gezielten und zu legitimierenden Veränderung gedacht werden kann. Die besondere Rolle des Forschenden in dieser Beobachtungssituation wird reflektiert. Unter dem Stichwort "Subjekt der Camera Obscura" wird abschließend mit dem "Gemein-Wesen" ein Subjetk-Begriff vorgeschlagen, der zwar klassischen individualpsychologischen Modellen eine Absage erteilt, gleichwohl an einer Art zusammengesetzter Einheit festhält: das Individuum nicht als ein Selbst, das per se Einheit hat, genausowenig ein postmodernes Dividuum (P. Maset), das als Schnittstellenexistenz, zeitlebens zwischen Anschlüssen ozilliert, sondern als ein Ort, an dem kommunizierend Einheit permanent erzeugt und prozessiert wird.Der Anhang enthält u.a. das Literaturverzeichnis. Im Zentrum stehen die Fotografien (und Kameras) der Teilnehmer. Etwa 80 davon sollten m.E. auch im Buch wiedergegeben werden, und zwar in einer Qualität, die nicht allzusehr gegen die Originalfotos abfällt. Hier vor allem liegt der Grund für die Höhe des beantragten Zuschusses.
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