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Töpfereitraditionen frühmittelalterlicher Muschelgruskeramik im nordwestlichen Mitteleuropa
Antragsteller
Professor Dr. Hauke Jöns
Fachliche Zuordnung
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 532868314
Die Keramikinventare des südlichen Nordseeküstengebiets sind zwischen dem 8. und 10. Jh. stark durch das Auftreten von Muschelgruskeramik geprägt. Auch außerhalb dieses Raumes, vor allem von den frühmittelalterlichen Handelsplätzen an Nord- und Ostsee, sind Funde von Muschelgruskeramik bekannt. Gemeinhin wird dies mit der Anwesenheit von friesischen Händlern in Verbindung gebracht und für die Rekonstruktion frühmittelalterlicher Handelsnetzwerke entlang der Nord- und Ostseeküste von herausragender Bedeutung. Das Vorhaben will unter Einbeziehung von unterschiedlichen archäometrischen Analysenverfahren eine breite Datenbasis zu technologischen Aspekten der Muschelgruskeramik und ihrer Rohstoffe schaffen. In der beantragten 1. Phase des Projektes soll der Fokus auf der Keramik im Hauptverbreitungsgebiet der Warengruppe sowie ihrer Randzonen liegen. Dabei reicht dieser Raum von dem niederländischen Marschengebiet über Ostfriesland und dem Elbe-Weser-Dreieck bis zur Westküste Schleswig-Holsteins. Ziel dieser Untersuchungen ist es, die zur Herstellung verwendeten Rohstoffe sowie die technologischen Merkmale ihrer Verarbeitung umfassend zu charakterisieren, um regionale Handwerkstraditionen voneinander abzugrenzen und möglicherweise einzelne Werkstätten innerhalb des Kerngebietes zu identifizieren. Darüber hinaus sollen die Analysen dazu beitragen, die jeweiligen Herstellungsgebiete der Muschelgruskeramik möglichst präzise zu lokalisieren und einzugrenzen. In der 2. Projektphase sollen diese Daten als Referenzangaben für die Analyse von Muschelgruskeramik dienen, die außerhalb des Kerngebietes bzw. dessen Randgebieten gefunden wurden. Hierfür soll Muschelgruskeramik, die im Bereich von Handelsplätzen wie Dorestad, Ribe, Kaupang und Haithabu auftritt, einbezogen werden. Zu klären ist, inwiefern sich anhand von übereinstimmenden Tonzusammensetzungen und technologischen Merkmalen Gemeinsamkeiten zwischen diesen Muschelgrusgefäßen und der einheimischen Ware erkennen lassen, was auf eine lokale Produktion schließen lassen würde. Auch ist von Interesse, inwiefern technologische Differenzen oder Gemeinsamkeiten zwischen der Muschelgruskeramik aus den zum Teil weit voneinander entfernt gelegenen Plätzen bzw. Regionen bestehen. Zugleich wird zu untersuchen sein, ob Zuordnungen zwischen den an den Handelsplätzen gefundenen Muschelgrusgefäßen und einzelnen Fundinventaren bzw. Werkstätten im Kerngebiet vorgenommen werden können. Im Ergebnis wird ein wichtiger Beitrag zur Herkunftsbestimmung der überregional verbreiteten Muschelgruskeramik erwartet. Darüber hinaus werden es die vergleichenden Untersuchungen erlauben, wichtige Hinweise auf unterschiedliche Warenströme und Handelsrouten von aus dem Nordseeraum stammenden Händlern zu gewinnen. Anhand der Analyse von Muschelgruskeramik können somit neue Erkenntnisse zum überregionalen Warenaustausch gewonnen werden, der für das Frühmittelalter des nordwestlichen Mitteleuropas in hohem Maße prägend gewesen ist.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen