Numerische Modellierung von Strömung und Kolkung im Nahfeld von Wasserbauwerken
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Ein dreidimensionales, numerisches Strömungsmodell wurde mit einem Sedimenttransport sowie einem Modell zur Analyse der Bodenstabilität gekoppelt. Das Strömungsmodell ist sowohl in der Lage, Berechnungen mit und ohne freier Oberfläche durchzuführen, wodurch stationäre Strömungen als auch Meereswellen und die daraus resultierende Strömung im Nahbereich eines Bauwerks simuliert werden können. Das Modell basiert auf den Reynolds gemittelten Navier-Stokes Gleichungen, wobei die Schließung des Gleichungssystems mit dem k-ω(SST) Modell durchgeführt wurde. Die vom Strömungsmodell berechneten Schubspannungen am Boden werden an das Sedimenttransportmodell übergeben und mit den ermittelten Transportraten wird die Bodenevolutionsgleichung gelöst. Die Geometrie des sich verändernden Bodens wird nach einer festgelegten Dauer an das Strömungsmodell zurückgegeben, worauf eine Aktualisierung der Strömungsergebnisse durchgeführt wird. Da sich bei der Umströmung von Bauwerken lokal erhöhte Schubspannungen ergeben, führt dies zu einem intensiven Sedimenttransport und zur Bildung eines Kolkes. Die entstehenden steilen Bodengradienten werden in den Gleichungen zur Berechnung der Sedimenttransportrate durch zusätzliche Ansätze berücksichtigt. Eventuell auftretende Sedimentrutschungen werden durch einen Algorithmus simuliert, der Sediment in Richtung des Gefälles umlagert, falls der Neigungswinkel des Bodens den Reibungswinkel übersteigt. Das Bodenevolutionsmodell wurde um ein Finite-Elemente Bodenmodell erweitert, das in der Lage ist, eine Stabilitätsanalyse des Bodens bei Einwirkung des Eigengewichts und äußerer Lasten durchzuführen. Dadurch können die Bereiche bestimmt werden, an denen Hangrutschungen auftreten. Hierbei werden die Geometrie des Bodens und mehrere Bodenparameter in die Analyse einbezogen. Das beschriebene Modell wurde auf verschiedene Laborversuche mit strömungsund welleninduziertem Kolk angewendet. Neben einer stationären Strömung um einem stehenden Zylinder und einem senkrechten Wandeinbau, wurden auch Versuche mit kurzen Wellen (KC<6) sowie langen Wellen (KC>6) zur Validierung des Modells herangezogen. Weiterhin wurde ein aus einem Wellenspektrum entstandener Kolk im numerischen Modell nachgebildet. Die Simulation von welleninduzierten Kolken wurde bis zum Zeitpunkt der Antragstellung auch in der internationalen Literatur nur sehr wenig versucht. Dabei kamen Boussinesq oder Mild-Slope Wellenmodelle zum Einsatz. Die Dreidimensionaltät des Strömungsfeldes im Nahbereich von Bauwerken wurde hier folglich nicht berücksichtigt. Weiterhin wurde der Einfluss des Gefälles auf die Sedimenttransportrate häufig vernachlässigt. Die auftretenden Sedimentrutschungen als Folge von Instabilitäten des Kolkhangs wurden auch vorher schon in anderen Modellen dadurch berücksichtigt, dass ein Sedimenttransport in Richtung des Gefälles initiiert wurde. Im neu entwickelten Modell wird der gleiche Effekt durch die Umlagerung von Sediment in Richtung des Gefälles zwischen den vorhandenen Netzknoten und dem Gebiet, das sie repräsentieren, erreicht. Das Lösen der Bodenevolutionsgleichung ist hierbei nicht erforderlich. Durch die Kopplung mit einem FE-Bodenmodell kann gezeigt werden, dass Hanginstabilitäten nicht allein vom Reibungswinkel, sondern auch von der Hanggeometrie und anderen Bodenparametern abhängt. Die verwendeten Ansätze für die Simulation von Strömung, Sedimenttransport und Bodenevolution belegen ihren Anwendbarkeit im Bereich der Kolkmodellierung. Anhand der nachgerechneten Laborversuche lässt sich zeigen, dass das numerische Modell brauchbare Ergebnisse für den zeitlichen Verlauf des Vorgangs und die Endkolktiefe liefert. Dies gilt für den strömungsinduzierten ebenso wie für den welleninduzierten Kolk. Allerdings bleiben eine Zahl von Sekundäreffekten ungelöst. Mit dem vorhandenen Bodenmodell ist eine Bestimmung von Bereichen plastischer Verformungen möglich. Diese werden in Abhängigkeit des Eigengewichts, der Geometrie und der vorhandenen Materialparameter berechnet. Unter dem Einfluss von Wellen treten jedoch zusätzlich auch Druckschwankungen an der Bodenoberfläche auf. Eine mögliche Folge ist die Verringerung der Bodenstabilität durch auftretenden Porenwasserüberdruck, der den bindenden Kräften des Korngerüsts aus dem Eigengewicht des Materials entgegenwirkt. Falls die bindenden Kräfte vollständig neutralisiert würden, käme es zu einer Verflüssigung des Bodens, d.h. Sediment und Fluid würden gemeinsam als eine flüssige Substanz agieren. Diese Arbeit konnte diesen auch beim Kolk denkbaren Phänomenen bisher nicht auf den Grund gehen. Eine zukünftige Berücksichtigung des Drucks im Bodenmodell würde es ermöglichen, den Einfluss des Drucks auf die Bodenstabilität im Modell abzubilden und damit Aussagen über druckbedingte Schwächungen oder ein völliges Versagen der Stabilität zu machen. Die Bodenevolution wird im vorliegenden Modell durch Berechnung einer Sedimenttransportrate und anschließender Auswertung der Bodenevolutionsgleichung berechnet. Die Sedimenttransportrate wird hierbei durch Ansätze modifiziert, die den Hangeinfluss berücksichtigen, da vorhandene Transportgleichungen nur für horizontale bzw. Böden mit geringer Neigung entwickelt wurden. Die ergänzenden Ansätze sind allerdings nicht für die starken Gradienten, die bei einer Kolkbildung auftreten können und bis an den Reibungswinkel des Bodenmaterials heran reichen, gültig. Zusätzlich wird die Bodengeometrie durch einen Sedimentrutschungsalgorithmus beeinflusst, der dafür sorgt, das die Bodengradienten den Reibungswinkel nicht überschreiten. Eine Zusammenführung der genannten Punkte zu einer Transportgleichung, die sowohl den Transport bei starkem Gefälle als auch auftretende Rutschungen vereint, sollte eine künftige Aufgabe sein. Gerade das Einbeziehen des rein gravitationsinduzierten Transports stellt hier eine Herausforderung dar. Bei den durchgeführten Versuchen zur numerischen Kolkmodellierung, wird dem Sediment vereinfachend ein mittlerer Korndurchmesser zugeordnet. Dieser wird zur Berechnung der Sedimenttransportrate und zur Berechnung des Bewegungsbeginns des Sediments benutzt. Die Tatsache, dass ein natürlich vorkommendes Sediment aus vielen Sedimentfraktionen besteht, könnte zukünftig berücksichtigt werden. Eine Schichtung des Bodens wurde ebenfalls bisher nicht im Modell abgebildet. Die Simulation von Kolken könnte im Prinzip um den fraktionierten Sedimenttransport erweitert werden. Jedoch ist dann für auftretenden Sedimentrutschungen noch eine geeignete Strategie zu entwickeln, da nicht davon auszugehen ist, dass fraktionierte Sedimente unterschiedlicher Korngröße sich gleichmäßig umlagern. Weiterhin besteht in diesem Fall die Problematik für das FE-Bodenmodell geeignete Parameter zu finden, da sich durch den Sedimenttransport die Zusammensetzung des Materials stetig ändert und somit auch geringfügig andere Eigenschaften aufweist. Der Anwendungsbereich eines solchen Modells liegt in der Bestimmung der Kolktiefe und Kolkform bei sich ändernden Randbedingungen, wie sie z.B. bei einer Tideströmung und Wellen vorkommen. Eine genaue Abschätzung der Kolktiefe liefert wertvolle Hinweise für die konstruktive Ausführung der Gründung eines Bauwerks und hat damit einen direkten Einfluss auf seine Standsicherheit.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
- Kann man Kolk berechnen? 4. Symposium Offshore-Windenergie Bau- und umwelttechnische Aspekte, Hannover 2005
Zielke, W. / Göthel, O.
- Kolkbildung an meerestechnischen Konstruktionen. Workshop Grenzschicht Wasser und Boden - Phänomene und Ansätze, Institut für Geotechnik und Baubetrieb, TU Hamburg-Harburg 2005
Göthel, O. / Zielke, W.
- Numerische Kolkberechnung. 5. FZK-Kolloquium: "Seegang, Küstenschutz und Offshorebauwerke", Hannover 2005
Göthel, O. / Zielke, W.
- A Model of Scouring Around Structures including Stability Analysis of the Bottom. 3rd International Conference on Scour and Erosion (ICSE 2006) in Amsterdam, The Netherlands 2006
Göthel, O. / Zielke, W.
- Numerical Modelling of Scour at Offshore Wind Turbines. 30th International Conference on Coastal Engineering (ICCE 2006) in San Diego, USA 2006
Göthel, O. / Zielke, W.
- Welleninduzierter Sedimenttransport an senkrechten Pfeilern. 6. FZK-Kolloquium: "Küstenschutz und Seebau", Hannover 2007
Göthel, O. / Zielke, W.