Detailseite
Eheleute zwischen Kirche und Staat: Die Entwicklung des Ehebandrechts in England und den protestantischen Teilen Deutschlands von der Reformation bis zum Ende des 19. Jahrhunderts
Antragstellerin
Professorin Dr. Saskia Lettmaier
Fachliche Zuordnung
Privatrecht
Förderung
Förderung seit 2023
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 534368766
Aufgabe der Rechtsgeschichte und des Rechtshistorikers ist es, rechtliche Veränderungen, die sich im Laufe der Jahrhunderte vollzogen haben, darzustellen und möglichst zu erklären. Deshalb interessiert sich die rechtshistorische Forschung auch in besonderer Weise für Zeitabschnitte und Rechtsgebiete, die sich durch auffällige Rechtsänderungen (oder ggf. durch ein auffälliges Ausbleiben solcher Änderungen) auszeichnen. Vor diesem Hintergrund widmet sich die Habilitationsschrift der vielleicht bedeutendsten Transformation, die das Ehe(band)recht in den letzten 500 Jahren erfahren hat: Seiner Umgestaltung von einer einheitlichen, in der Hand der Universalkirche liegenden und von theologischen Denkmustern geprägten Ordnung hin zu einer Vielzahl von disparaten Einzelordnungen, gesetzt und verwaltet durch verschiedene Nationalstaaten und geprägt von säkularen Leitvorstellungen, insbesondere dem Gedanken der freien Auflösbarkeit. In insgesamt acht Kapiteln (zuzüglich Einleitung und Schlussteil) analysiert die Arbeit am Beispiel von England und protestantischen Teilen Deutschlands (insbesondere von Preußen), wie und warum es zu diesem Wandel kam und warum die Veränderungen von Territorium zu Territorium unterschiedlich ausfielen. Veränderungen im Rechtsbereich werden mit Veränderungen im soziopolitischen und geistigen Umfeld in Verbindung gesetzt. So können nicht nur die rechtlichen Veränderungen selbst, sondern auch ihre national unterschiedlichen Ausprägungen verständlich gemacht werden. Die Arbeit beleuchtet drei entscheidende Entwicklungsetappen: die Reformationszeit, das Zeitalter der Aufklärung und das 19. Jahrhundert. Das Hauptaugenmerk liegt dabei auf dem zweiten Zeitabschnitt als dem entscheidenden Wendepunkt, der die geistigen Grundlagen für eine neue – institutionell und inhaltlich weitgehend säkulare – Eherechtsordnung schuf und diese in Preußen auch praktisch ins Werk setzte. Die Arbeit tritt damit zugleich der These entgegen, dass der maßgebliche Impuls für eine Verweltlichung des Eherechts von der Reformation ausgegangen sei. Obwohl es sich um eine Arbeit zur Eherechtsgeschichte handelt, sind ihre Erkenntnisse und Schlussfolgerungen auch für die weitergehende Frage verwertbar, welche soziokulturellen Kräfte Einfluss auf die Rechtsentwicklung nehmen. Zwar ist es inzwischen nahezu unstreitig, dass die soziopolitischen und geistigen Rahmenbedingungen eine Rolle bei der Rechtsentwicklung spielen; welche Rolle genau das ist und in welcher Kombination bestimmte „Wirkfaktoren“ vorliegen müssen, damit sich eine Rechtsänderung vollzieht, sind aber Fragen, die bislang noch unzureichend beantwortet sind.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen