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"Daz in swindelt in den sinnen..." Die Poetik der Perspektive bei Heinrich Wittenwiler und Giovanni Boccaccio

Antragstellerin Dr. Corinna Laude
Fachliche Zuordnung Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Förderung Förderung von 2001 bis 2002
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5356435
 
Heinrich Wittenwilers "Ring" (entstanden um 1400) erzählt die schwankhafte Hochzeitsgeschichte eines närrischen Bauernpaares, die in einer Katastrophe endet. Darin eingeflochten sind vielerlei Versatzstücke aus der Tradition didaktischer Dichtung, was die Forschung meist veranlasst hat, den "Ring" in den breiten Strom spätmittelalterlicher Literatur zu stellen, die um Orientierung und Lebenslehre bemüht ist. Die vorliegende Studie kommt zu einem anderen Ergebnis, denn bei der Analyse des erzähltechnischen Verfahrens lässt sich beobachten, dass im "Ring" eine Poetik der Perspektive waltet, die alle Eindeutigkeit und Sinnstiftung verweigert. Mag dies im spätmittelalterlichen deutschen Sprachraum auch singulär sein, so begegnen ähnliche poetologische Prinzipien im italienischen Frühhumanismus, insbesondere in Boccaccios rund 50 Jahre älterem "Decameron". In dieser Poetik der Perspektive, die die Positionen der gelehrten Dichtungstheorien sowohl des Mittelalters als auch des Frühhumanismus übersteigt, manifestieren sich zeitspezifische Probleme der Konzeptionalisierung von Welt und der symbolischen Repräsentation von Ordnungsentwürfen, die gleichfalls in der bildenden Kunst der Frührenaissance, in ihrem Theorie-Diskurs und in der Philosophie zu beobachten sind. Überdies dokumentiert sie einen Anspruch auf die schöpferische "Selbstbehauptung" des Subjekts gegenüber einem undurchschaubar gewordenen Gott und einer kontingenten Welt, der z.B. in der Forderung nach literarischer Autonomie laut wird, um gleichzeitig auch die Dialektik einer solchen "Selbstbehauptung" zu beleuchten.
DFG-Verfahren Publikationsbeihilfen
 
 

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