Investigation of the recrystallization kinetics of polycrystalline materials on the basis of the orientation stereology measured with high-energy synchrotron radiation.
Final Report Abstract
Ziel des Projektes war es die Rekristalüsationskinetik vielkristalliner Stoffe anhand des "Lebensweges" sehr vieler individueller Kristallite von der Keimbildung bis zum Abschluss der Primärrekristallisation zu untersuchen. Dazu müssen die Orientierungen und die Orte möglichst aller Kristallite im untersuchten Probenvolumen ermittelt werden. Das erfordert kontinuierliche Abbildungsverfahren, die sowohl den Ortsraum als auch den Orientierungsraum kontinuierlich abbilden können. Die klassischen, schrittweisen Abbildungsverfahren mittels Beugung leisten das nicht. Sie messen nur an diskreten Stellen, zwischen denen nicht erfasste Bereiche liegen, die dann durch Interpolation überbrückt werden müssen. Das funktioniert aber nur, wenn kontinuierliche Verteilungsfunktionen gemessen werden sollen, wie z.B. in plastisch verformten Materialien. Wenn der Orientierungsraum in einzelne Kristallite aufgelöst ist, wie bei der Zielstellung in diesem Projekt, dann liegen sehr viele Kristallite in den übersprungenen Zwischenräumen. Diese können nicht durch Interpolation erfasst werden. Es ist also eine kontinuierliche Messtechnik erforderlich, bei der keine Zwischenräume übersprungen werden. Aus stationären Beugungsbildern kann man daher nicht eindeutig auf die Größe der reflektierenden Kristallite schließen. Das ist aber für die Untersuchungen im Projekt unerlässlich. Auch dieses Problem wird durch eine kontinuierliche Messtechnik gelöst, indem jeder Kristallit während der Messung durch das gesamte Beugungsprofil hindurch gefahren wird, so dass die gemessene Intensität der Integralintensität entspricht, die dann dem Kristallvolumen zugeordnet werden kann. Zu Beginn des Projektes hatten wir daher kontinuierliche Abtastverfahren mit Hochenergie- Synchrotronstrahlung und kontinuierlich bewegtem Flächendetektor entwickelt, die sowohl Orts- als auch Orientierungskoordinaten aller Kristallite in einem ausgewählten Probenvolumen erfassen können. Die hohe Strahlparallelität des Synchrotronstrahls gewährleistet eine sehr gute Winkelauflösung, die hohe Intensität ermöglicht die notwendige hohe Ortsauflösung durch Ausblendung eines sehr schmalen Strahles. Schließlich sollen alle Kristallite im Volumen der Probe und nicht nur an der Oberfläche abgebildet werden. Das erfordert harte (kurzwellige) Strahlung mit großer Eindringtiefe, sie erlaubt auch eine komplexe Probenumgebung, wie z.B. Öfen oder Kryostaten. Diese Voraussetzungen sind am Strahlrohr BW5 des Speicherringes DORIS im HASYLAB bei DESY in Hamburg erfüllt. Im Laufe des Projektes wurden die Messtechniken weiterentwickelt und erweitert. Im Antrag war auch die Messung bei erhöhten Temperaturen vorgesehen, mangels eines geeigneten Ofens konnten diese Messungen erst im Laufe es bewilligten Folgejahr durchgeführt werden. So konnten erste zeitaufgelöste Messungen der Orientierungsänderungen bei erhöhten Temperaturen gemacht werden. Die im Projekt entwickelten kontinuierlichen Experimentiertechniken sind besonders gut geeignet die Orts- und Orientierungsänderungen von sehr vielen Kristallen im Probenvolumen zu verfolgen. Aus diesem Grund kann man mit Ihnen Rekristallisationsvorgänge vollständig erfassen. Dies erfordert jedoch neben der Entwicklung der Experimentiertechnik eine umfangreiche Entwicklung der Auswerteprogramme. Konventionelle Auswerteprogramme für die Texturanalyse (Berechnung der Orientierungsverteilungsfunktion) können für die im Projekt gemessen Polfiguren nicht mehr eingesetzt werden, da die Winkelauflösung - für beide Polfigurwinkel - im Bereich von 0,02° liegt. Im Vergleich dazu: konventionell gemessen Polfiguren besitzen eine Winkelauflösung von ca. 3°-5° in den Polfigurwinkeln. Ein Programm zur Orientierungsberechnung musste deshalb auf der Basis von "Multi-Peak- Texturen" erstellt werden. Ein einzelner Reflexe in einer kornaufgelösten Polfigur repräsentiert nur zwei der drei Orientierungskoordinaten des betreffenden Kristalliten. Zur Bestimmung des dritten Orientierungsparameters muss man mindestens einen weiteren Reflex desselben Kristaliiten in der gleichen oder in einer anderen Polfigur kennen. Die Schwierigkeit hierbei ist es zu wissen, welcher der sehr vielen Reflexe in der hochaufgelösten Polfigur zum gleichen Kristalliten gehört. Dieses Problem kann durch einen mathematischen Algorithmus gelöst werden, der um so mehr Kristallite auflösen kann, je genauer die Position der Reflexe gemessen werden kann. Bislang waren entsprechend hochauflösende Polfigurmessungen mit konventioneller Röntgentechnik nicht zu realisieren. Das hier entwickelte Programm zur Identifizierung der Reflexe einzelner Kristallite und der Berechnung ihrer Orientierung konnte auch bei Kristallzahlen bis zu 3»105 funktionstüchtig erstellt werden. Leider sind die Rechenzeiten bei realistischer Zahl der Polfigurreflexe - Größenordnung ~105 - noch extrem hoch (150 -240 Stunden). Dieses Problem muss durch eine Optimierung, bzw. Parallelisierung des Programms in Zukunft noch gelöst werden. Die Orientierung der Kristallite ist aber nur ein Teil der Orientierungsstereologie, daneben steht die Ortsbestimmung der Kristallite im Probenvolumen an. Dazu dient eine Beugungstechnik ebenfalls auf der Basis der kontinuierlichen Abtastung, die es erlaubt die Ortskoordinaten von Kristalliten mit bekannter, festgelegter Orientierung in einem großen Probenvolumen zu bestimmen. Das erfasste Probenvolumen ist dabei im Gegensatz zu elektronenmikroskopischen Verfahren sehr groß: Abtastlänge auf der Probenoberfläche ca. 15mm mit einer Höhe von ca. 4-5mm bei einer realen Probendicke, die materialabhängig ist (einige cm bei AI, bei Ni ca. 5mm). Die Auswertung erfolgt durch Programme, die analog zur Computertomographie arbeiten. Der Unterschied zur "normalen" Tomographie im Ortsraum besteht darin, dass die Kristallite im Licht des gebeugten Reflexes abgebildet werden und nicht durch Absorptionskontraste.
Publications
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