Biomechanische Koordinationsmuster für ausgewählte sportliche Bewegung
Final Report Abstract
Die Analyse der Koordination von Zielwurfbewegungen war grundlegendes Thema des vorliegenden Projektberichts. Zielwurfbewegungen stellen große Anforderungen an die Genauigkeit der Bewegungsausführung und Bewegungsplanung. Diese menschliche Fähigkeit ist im Tierreich einzigartig. Es besteht die Hypothese, dass bereits die vorbereitende Beschleunigungsphase des Balls genutzt wird um eine Flugbahn des geworfenen Gegenstands zu generieren die ihr Ziel trifft. Es existiert eine Mannigfaltigkeit von Lösungsmöglichkeiten für die Zielwurfbewegung (‚goal equivalent manifold’ GEM). Am Beispiel des Basketballwurfs wurde diese Hypothese theoretisch und experimentell untersucht. Auch die Bedeutung der Bewegung der Beine und Arme während des Wurfes, wurde experimentell und theoretisch analysiert. An der Studie nahmen 22 gesunde männliche Probanden teil, deren persönliche Basketball- Erfahrungen vom unerfahrenen Anfänger bis zum Bundesligaspieler variierten. Jeder Proband führte randomisiert 10 Standwürfe von 4 unterschiedlichen Distanzen auf einen mobilen Streetball-Korb aus. Mit einem Bewegungsanalysesystem (10 Hochgeschwindigkeits-Kameras Qualisys, 2 Kraftmessplattformen Kistler und EMG Biovision) wurden die Kinetik des Wurfes, die Bodenreaktionskräfte beider Füße und die muskuläre Aktivität ausgewählter Muskeln des Wurfarmes synchronisiert gemessen. Die Analyse der Messdaten führte zur Entwicklung eines Ersatzmodells, das die Teilkörperbewegungen der Beine und des Wurfarms eines Basketballwurfs beschreiben kann. Das Modell besteht aus zwei Massen und zwei masselosen, linearen Federn, wobei der Winkel der Armfeder zur Horizontalen konstant ist. Die Armfeder lässt sich arretieren und verzögert auslösen. Die experimentelle Analyse zeigte, dass während nahezu der gesamten Beschleunigungsphase des Balls, dieser bereits auf der anvisierten Flugbahn GEM im Ortsraum geführt wurde. Für das Erreichen der notwendigen Ballgeschwindigkeit gilt dies nicht, diese wird erst in den letzten ca.20ms vor Abwurf des Balls erreicht. Die größte Leistung wird durch die Beine generiert, die größte Geschwindigkeitsänderung des Balles jedoch durch die Arme. Mit steigender Wurfentfernung werden die Beinmuskeln deutlich mehr aktiviert, die Auslenkung der Beine sowie die Beinsteifigkeit wird deutlich erhöht. Auch der Wurfarm zeigt mit steigender Wurfentfernung ein vergleichbares Verhalten, nur in geringerem Ausmaß. Trotz der großen Änderung der Wurfweite von mehr als 5m, änderte sich insbesondere die muskuläre Aktivierung des Wurfarms mit knapp 15% nur geringfügig. Aus der theoretischen Interpretation der Messdaten mit dem entwickelten Ersatzmodell wurde deutlich, dass der Abwurfwinkel des Balles sich aus einem Winkel des Wurfarmes zur Horizontalen von ca. 47° ergibt, zu dem durch die vertikale Beinstreckung ein vertikaler Geschwindigkeitsvektor addiert wird, sodass ein resultierender Abwurfwinkel von ca. 52° entsteht. Der gesamte Wurfprozess dauert mit größerer Wurfentfernung immer kürzer, und auch das Leistungsmaximum der Beinstreckung reicht näher an den Abwurfzeitpunkt heran. Diese zeitliche Verschiebung wird dadurch gewährleistet, dass zwar die Beine und Arme mehr flektiert werden, aber gleichzeitig die Beinsteifigkeit erhöht wird. Mit dem entwickelten Ersatzmodell und den beschriebenen Adaptationen an veränderte Wurfentfernungen können nahezu alle kinetischen Messgrößen erklärt werden. Es kann somit gezeigt werden, dass im Ortsraum die GEM genutzt werden kann, nicht jedoch im Geschwindigkeitsraum. Nicht die Trajektorie im Raum, sondern das Erreichen der exakten Abwurfgeschwindigkeit ist die demnach zu lösende Aufgabe bei Zielwurfbewegungen. Die Aufgabenteilung der Beine und der Arme ist nicht trennscharf, da beide ihre Dynamik an eine steigende Wurfentfernung adaptieren. Die Arme haben zwar einen sehr großen Anteil an der Ballgeschwindigkeit, trotzdem scheint die Verantwortlichkeit der Armbewegung weniger in der Adaptation an die jeweilige Wurfweite zu liegen, sondern sie sind mehr für die Präzision des Wurfes verantwortlich. Die Adaptation an die Wurfentfernung wird stark durch die Beinbewegung realisiert. Der Beginn der Armstreckung ist immer geringfügig vor dem Erreichen der maximalen vertikalen Geschwindigkeit Körpers koordiniert. Dies scheint eine energetische Optimierung zu sein, die insbesondere bei großen Wurfweiten genutzt wird.
Publications
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(2006). Flying-ball trajectory is anticipated in goal directed throwing. Paper presented at the World Congress of Biomechanics, München
Pflanz, B., Wagner, H., Jungnickel, U., Maisser, P., & Blickhan, R.