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Molekulare Mechanismen der Interaktion von Natriumkanälen und Skorpion-alpha- und -beta-Toxinen

Fachliche Zuordnung Biophysik
Förderung Förderung von 2003 bis 2009
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5397923
 
Erstellungsjahr 2012

Zusammenfassung der Projektergebnisse

Spannungsgesteuerte Natriumkanäle (NaV-Kanäle) spielen eine tragende Rolle bei der elektrischen Signalgenerierung und –weiterleitung in erregbaren Zellen. Toxine zahlreicher giftiger Lebewesen zielen daher darauf ab, mit NaV-Kanälen zu interferieren und somit den entsprechenden Organismus zu lähmen oder zu töten. Neben der Blockade der Ionenpore stellt die gezielte Wechselwirkung mit den Spannungssensoren der NaV-Kanäle einen wirkungsvollen Mechanismus dar. Dieser liegt auch der Aktivität der langkettigen α- und β-Toxine aus Skorpionen zugrunde. Diese strukturell sehr homologen Peptidtoxine von ca. 65-72 Aminosäuren Länge führen in erster Linie zu einer Aktivierung von NaV-Kanälen (gain-of-function effect), was eine neuronale Hypererregbarkeit zur Folge hat. Darüber hinaus wurde aber auch besonders bei β-Toxinen eine gegenteilige physiologische Wirkung beschrieben. Ziel dieses Projektes war es herauszufinden, wie α- und β-Toxine an NaV-Kanälen andocken und damit eine Kanal-Subtypspezifität erlangen, nach welchen molekularen Mechanismen die Toxine wirken und inwiefern die Wirkungen von α- und β-Toxinen mit denen der sehr viel kleineren δ- und μO-Conotoxinen aus marinen Kegelschnecken zu vergleichen sind. Durch die Herstellung von Chimären aus unterschiedlichen NaV-Kanälen und deren funktionelle Untersuchung mit elektrophysiologischen Methoden konnte gezeigt werden, dass α- und β-Toxine trotz ihrer sehr ähnlichen Struktur auf vollkommen unterschiedlichen Weise die NaV-Kanäle beeinflussen, da sie mit unterschiedlichen Spannungssensoren (α: Domäne-4; β: Domäne-2) interagieren. Die Subtypspezifität speziell von β-Toxinen wird aber über eine weitere Interaktion mit der Porenregion von Domäne-3 vermittelt, wobei die Porenregion von Domäne-1 bei α-Toxinen eine tragende Rolle spielt. α- und β-Toxine docken somit rotationsymmetrisch an der Außenseite der NaV-Kanäle an. Im Bereich der kurzkettigen (ca. 25 Aminosäuren) Conotoxine haben δ-Conotoxine ähnliche Wirkungen wie Skorpion-α-Toxine und können sogar synergistisch wirken. O-Conotoxine hingegen sind funktionell den Skorpion-β-Toxinen sehr ähnlich und zeigen Kompetition mit diesen. Allerdings vermögen O-Conotoxine den Spannungssensor von Domäne-2 nur in seiner Aktivierung zu behindern, während β-Toxine zusätzlich auch das Abschalten aktivierter NaV-Kanäle verlangsamen. Je nach Aktivitätsrate des Kanals führen β-Toxine demnach zu einer Inhibition oder zu einer gesteigerten Aktivierung des Kanals, womit eine molekulare Erklärung für die organismischen Wirkungen von β-Toxinen, nämlich erregend (excitatory) und hemmend (depressant), gefunden werden konnte.

Projektbezogene Publikationen (Auswahl)

  • (2004). Combinatorial interaction of scorpion α-toxins Lqh-3, Lqh-2 and LqhαIT with sodium channel receptor sites-3. Molecular Pharmacology 65 685–691
    Leipold, E., S.Q. Lu, D. Gordon, A. Hansel, S.H. Heinemann
  • (2004). Isolation, molecular cloning and functional characterization of a novel β-toxin from the Venezuelan scorpion, Tityus zulianus. Toxicon 43 671–684
    Borges, A., M.J. Alfonzo, C.C. Garcia, N.J. Winand, E. Leipold, S.H. Heinemann
  • (2005). Molecular interaction of δ-conotoxins with voltage-gated sodium channels. FEBS Letters 579 3881–3884
    Leipold, E., A. Hansel, B.M. Olivera, H. Terlau, S.H. Heinemann
  • (2006). Subtype specificity of scorpion β-toxin Tz1 interaction with voltage-gated sodium channels is determined by the pore loop of domain 3. Molecular Pharmacology 70 340–347
    Leipold, E., A. Hansel, A. Borges, S.H. Heinemann
  • (2007). Conotoxins of the O-superfamily affecting voltagegated sodium channels. Cellular and Molecular Life Sciences 64 1329–1340
    Heinemann, S.H., E. Leipold
  • (2007). The unique pharmacology of the scorpion α-like toxin Lqh3 is associated with its flexible C-tail. FEBS Journal 274 1918–1931
    Karbat, I., R. Kahn, L. Cohen, N. Ilan, N. Gilles, G. Corzo, O. Froy, M. Gur, G. Albrecht, S.H. Heinemann, D. Gordon, M. Gurevitz
  • (2007). μO-conotoxins inhibit NaV channels by interfering with their voltage sensors in domain-2. Channels 1 253–262
    Leipold, E., H. DeBie, S. Zorn, A. Borges, B.M. Olivera, H. Terlau, S.H. Heinemann
  • (2011). Molecular determinants of the subtype specificity of μ-conotoxin SIIIA targeting neuronal voltage-gated sodium channels. Neuropharmacology 61 105–111
    Leipold, E., R. Markgraf, A. Miloslavina, M. Kijas, J. Schirmeyer, D. Imhof, S.H. Heinemann
  • (2012). Scorpion β-toxin interference with NaV channel voltage sensor gives rise to excitatory and depressant modes. Journal of General Physiology 139 305–319
    Leipold, Enrico; Borges, Adolfo & Heinemann, Stefan H.
  • (2012). Structurally diverse μ-conotoxin PIIIA isomers block sodium channel NaV1.4. Angewandte Chemie International Edition 51 4058–4061
    Tietze, Alesia A.; Tietze, Daniel; Ohlenschläger, Oliver; Leipold, Enrico; Ullrich, Florian; Kühl, Toni; Mischo, André; Buntkowsky, Gerd; Görlach, Matthias; Heinemann, Stefan H. & Imhof, Diana
 
 

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