Isolierung und Charakterisierung des Gens für das Cohen-Syndrom, VPS13B (COH1)
Final Report Abstract
Das Cohen-Syndrom ist eine seltene autosomal rezessive Erkrankung, die durch eine nicht progressive psychomotorische Entwicklungsverzögerung in Kombination mit Mikrozephalie, Retinitis pigmentosa, hochgradiger Myopie, kraniofazialen Dysmorphiezeichen sowie Kleinwuchs charakterisiert ist. Im Jahr 2003 wurden erstmals Mutationen bei Patienten mit Cohen-Syndrom in dem Gen VPS13B (COH1) auf Chromosom 8q21.3-q22.1 beschrieben. Während der relativ homogene Phänotyp bei Patienten aus Finnland mit dem Vorliegen nur weniger verschiedener Mutationen in Zusammenhang stehen dürfte, zeichnet sich das Cohen-Syndrom bei Patienten außerhalb Finnlands durch große klinische Heterogenität aus. Unsere Untersuchungen mehrerer Serien von Patienten mit Mutationsbefunden stellten neben der Entwicklungsproblematik die fazialen Auffälligkeiten, Myopie und Retinopathie als wichtigste Merkmale heraus, die aber nicht bei allen Patienten vorlagen. Unsere Arbeiten zeigten auch eine ausgeprägte allelische Heterogenität. Das Gen VPS13B umfasst 62 Exons und kodiert für ein Protein mit 3997 Aminosäuren. Es existieren unterschiedliche Transkripte von VPS13B. Unsere Expressionsstudien zeigten die längsten Varianten von VPS13B mit einer mRNA-Größe von etwa 14 kb besonders in Niere, Gehirn, Plazenta, Dünndarm und Lunge. Die Expression der Varianten mit Exon 28 oder Exon 28b zeigte gewebsspezifische Unterschiede: im Gehirn und in der Retina, die für die Pathophysiologie des Cohen- Syndroms von Bedeutung sind, kommen Varianten mit Exon 28 und Exon 28b gleichermaßen vor, während Exon 28b gegenüber dem Exon 28 in anderen Geweben stark überrepräsentiert ist. Eine mögliche Bedeutung der Transkriptvariante mit dem Exon 28 für die Entwicklung des Cohen-Syndroms muss in nachfolgenden Untersuchungen analysiert werden. Die Funktion des Proteins VPS13B ist weitgehend unbekannt, es enthält keine bekannten funktionellen Domänen und ist aufgrund von kleinen Bereichen mit Sequenz-Ähnlichkeiten mit dem Protein Vps13p aus S. cerevisiae so benannt worden. Mit überlappender cDNA-Klonierung haben wir Expressionskonstrukte erstellt, VPS13B in HeLa- Zellen überexprimiert und verschiedene Antikörper gegen VPS13B generiert. Die Experimente etablierten VPS13B als Golgi-Matrix-Protein. Da die Inaktivierung von VPS13B durch RNA-Interferenz zu einer Fragmentierung des Golgi-Bandes führte, die wir mit elektronenmikroskopischen Untersuchungen auch in Fibroblasten von Patienten mit Cohen-Syndrom fanden, vermuten wir, dass VPS13B für die Dynamik des Golgi-Apparats von Bedeutung ist und eine Funktionsstörung des Golgi-Apparats an der Manifestation des Cohen-Syndroms beteiligt ist.
Publications
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Hennies HC, Rauch A, Seifert W, Schumi C, Müllner-Eidenböck A, Al-Taji E, Tariverdian G, Chrzanowska KH, Rajab A, Neumann T, Eckl KM, Karbasiyan M, Reis A, Horn D
- Mutational spectrum of COH1 and clinical heterogeneity in Cohen syndrome. J Med Genet 43:e22 (2006)
Seifert W, Holder-Espinasse M, Spranger S, Hoeltzenbein M, Rossier E, Dollfus H, Lacombe D, Verloes A, Chrzanowska KH, Maegawa GHB, Chitayat D, Kotzot D, Huhle D, Meinecke P, Albrecht B, Mathijssen I, Leheup B, Raile K, Hennies HC, Horn D
- Expanded mutational spectrum in Cohen syndrome, tissue expression, and transcript variants of COH1. Hum Mutat 30:E404-420 (2009)
Seifert W, Holder-Espinasse M, Kühnisch J, Kahrizi K, Tzschach A, Garshasbi M, Najmabadi H, Kuss AW, Kress W, Laureys G, Loeys B, Brilstra E, Mancini GMS, Dollfus H, Dahan K, Apse K, Hennies HC, Horn D
- The Cohen syndrome-associated protein, COH1, is a novel, giant golgi matrix protein required for golgi integrity. J Biol Chem 286:37665-37675 (2011)
Seifert W, Kühnisch J, Maritzen T, Horn D, Haucke V, Hennies HC