A material model considering a substructure for the simulation of incremental forming processes
Final Report Abstract
Bei inkrementellen Umformprozessen tritt eine neuartige zyklische Beanspruchung (Wechselbeanspruchung) auf, die dadurch ausgezeichnet ist, dass nach dem Erreichen einer bestimmten Verformung ε i eine Rückverformung mit der Zyklusbreite Δε erfolgt, der sich eine Verformung in der ursprünglichen Richtung mit der Umformschrittweite Δε + anschließt. Als Umforminkrement Δε i wird die Differenz von Umformschrittweite Δε + und dem Betrag der Zyklusbreite |Δε| bezeichnet (Δε i = Δε + − |Δε −| ) . Danach wiederholt sich dieser Prozess bei ε i +1 = ε i + Δε i usw., so dass im Ergebnis dessen eine sehr große plastische Vergleichsdehnung (Bogenlänge) und erhebliche Temperaturänderungen vorliegen. Dabei wird die Verfestigung wesentlich von der Zyklusbreite Δε − und der Umformschrittweite Δε + beeinflusst. Während bei einer kleinen Zyklusbreite und einer großen Umformschrittweite die Verfestigung nur wenig kleiner als bei einer einsinnigen Belastung ist, wird bei einer großen Zyklusbreite und einem kleinen Umforminkrement eine schnelle Sättigung mit deutlich kleineren Fließspannungen als bei einer einsinnigen Belastung beobachtet. Die Herausforderung besteht im Weiteren darin, diese unterschiedlichen Materialantworten mit einem einzigen Satz von Materialparametern zu beschreiben. Den Ausgangspunkt der Forschungsarbeit bildete ein an der Professur Festkörpermechanik der TU Chemnitz entwickeltes Deformationsgesetz auf der Basis des Substrukturkonzeptes. Hier ist eine Einbeziehung der formativen Verfestigung (Distorsionsverfestigung, verbunden mit Drehungen und (oder) Änderungen der Halbachsenverhältnisse des Fließhyperellipsoids) bei nur wenigen, zusätzlichen Materialparametern möglich. Wesentliche Erweiterungen der ersten beiden Förderungsperioden bestanden in - der Modifizierung der Ansätze für die kinematische und die formative Verfestigung, - der Einbeziehung des Temperatureinflusses (temperaturabhängige Materialkennwerte, Wärmedehnung), - Algorithmen für die Parameteridentifikation (deterministische Verfahren bei halbanalytischer Sensitivitätsanalyse), - der Lösung des thermomechanischen Problems (Einbau eines gestaffelten Algorithmus in die hauseigene FEM-Forschungssoftware SPC-PM2AdNl) und - der Auswertung von Experimenten, die an der Professur Werkstoffe des Maschinenbaus der TU Chemnitz (Prof. Dr.-Ing. L.W. Meyer) durchgeführt wurden. Den Schwerpunkt der abschließenden Förderungsperiode bildeten - die Modifizierung des Deformationsgesetzes durch eine Entwicklungsgleichung für den plastischen Anteil des Deformationsgradienten mit dem Ziel einer stabileren Berechnung des zweistufigen Tensors β zur Beschreibung der Texturentwicklung, - die Erweiterung der Parameteridentifikation durch Elemente der Parameterschätzung (Berechnung von Konfidenzintervallen und Korrelationskoeffizenten) und - die Verifikation des Materialmodells. Der erreichte Fortschritt besteht darin, dass es gelungen ist, wesentliche Effekte des Materialverhaltens bei inkrementellen Umformverfahren ausreichend genau abzubilden. Es bedarf jedoch einer weiteren Forschungsarbeit, um das Verfestigungsverhalten bei großen Unterschieden in Zyklusbreite und Umformschrittweite mit nur einem Parametersatz genau vorhersagen zu können. Künftige Arbeiten könnten in - der bisher nicht realisierten, vollständigen Kopplung des mechanischen und thermischen Problems, - der Untersuchung modifizierter Ansätze für den substrukturtypischen Teil der Fließbedingung, - der Einbeziehung weiterer Konzepte, die auf Grund der in Chemnitz gelaufenen Vorarbeiten geeignet erscheinen (viskoplastisches Materialmodell mit nichtquadratischer Fließbedingung (Beschreibung auf der Basis der Gleichung der Pascalschen Schnecke), Mehrflächenmodell mit kinematischen Bindungen), - der Verbesserung der numerischen Robustheit der Algorithmen (z.B. Nutzung von so genannten geometrischen Integratoren zur exakten Einhaltung der inelastischen Inkompressibilität) und - der Erweiterung der experimentellen Basis (Versuche mit inhomogenen und mehrachsigen Zuständen im Messgebiet) bestehen. Wie bereits dargestellt, lässt sich das entwickelte Deformationsgesetz sowohl in hauseigene (Forschungssoftware) als auch in kommerzielle FEM-Programme mit dem Ziel der numerischen Simulation von inkrementellen Umformverfahren einbauen. Das entwickelte Programm zur Parameteridentifikation ist auch im Zusammenhang mit anderen Deformationsgesetzen nutzbar, wobei jedoch Modifizierungen bei der semianalytischen Sensitivitätsanalyse erforderlich sind.
Publications
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A Material Model with Substructure for the Simulation of Incremental Forming Processes. Bericht zum Teilprojekt als Teil des Abschlussberichtes des SPPes 1146
Kreißig, R., Görke, U.-J., Landgraf, R.
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Application of a coordinate-free tensor formalism to the numerical implementation of a material model. Journal of Applied Mathematics and Mechanics (ZAMM), 88 (2008), 888-909
Shutov, A.V., Kreißig, R.
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Ein numerischer Vergleich alternativer Formulierungen des Materialmodells der anisotropen Elastoplastizität bei großen Verzerrungen. Chemnitz Scientific Computing Preprint CSC/08-04, TU Chemnitz (2008)
Görke, U.-J., Bucher, A., Kreißig, R.
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Finite strain viscoplasticity with nonlinear kinematic hardening: Phenomenological modeling and time integration. Computer Methods Applied Mechanics and Engineering, 197 (2008), 2015-2029
Shutov, A.V., Kreißig, R.
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Remarks on the solution of the initial value problem for anisotropic finite elastoplasticity considering various formulations of the material model. In: Proc. 8th World Congress on Computational Mechanics (WCCM8) and 5th European Congress on Computational Methods in Applied Sciences and Engineering (ECCOMAS~2008), Venedig (2008)
Kreißig, R., Bucher, A., Görke, U.-J.
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Thermodynamisch konsistente Formulierung des gekoppelten Systems der Thermoelastoplastizität bei großen Verzerrungen auf der Basis eines Substrukturkonzepts. Chemnitz Scientific Computing Preprint CSC 08-05, TU Chemnitz (2008)
Görke, U.-J., Bucher, A., Kreißig, R.