Metaanalyse empirischer Abschreckungsstudien - ein quantitativer methodenkritischer Vergleich kriminologischer und ökonomischer Untersuchungen zur negativen Generalprävention
Final Report Abstract
Es gibt zahlreiche empirische Studien zur generalpräventiven Abschreckungsforschung. Den größten Beitrag haben Ökonomen geleistet, die insbesondere kriminalstatistische Untersuchungen durchführten. Der Schwerpunkt der Abschreckungsstudien von Kriminologen und Soziologen liegt in Befragungsstudien. Während kriminalstatistische Untersuchungen in der Regel als makrosoziologische Längsschnittstudien mit Hellfelddaten konzipiert sind, basieren Befragungsstudien meist auf mikrosoziologischen Querschnittdaten, die auch das Dunkelfeld einbeziehen. Trotz dieser gravierenden konzeptionellen Differenzen unterscheiden sich die metaanalytischen Ergebnisse nur wenig. Dies spricht für die Zuverlässigkeit der Studien. Sowohl in der Einschätzung der Forschenden als auch bei einem Vergleich der Effektschätzungen zeigt sich, dass hypothesenfalsifizierende Ergebnisse in der Minderheit sind. Allerdings sind die durchschnittlichen Effektschätzungen relativ niedrig: Der durchschnittliche t-Wert liegt bei etwa t = -1,5; im Durchschnitt sind die Werte also nur schwach signifikant. 73,8% der Schätzungen haben ein theoriekonsistentes negatives Vorzeichen, 41,7% der Schätzungen sind theoriekonsistent und signifikant. Die Ergebnisse der Metaanalyse zeigen, dass nicht alle Handlungen gleichermaßen durch Sanktionsdrohungen beeinflusst werden können. Die größten Effekte findet man in experimentellen Studien. Dort wurden meist in Spielsituationen oder in der Realität Sanktionen variiert, wobei in der Regel die Strafen leicht waren und die Normen keine zentralen Güter schützen sollten. Die geringsten Effekte findet man in den Studien zur Todesstrafe. Dort sind die Sanktionen schwer und die Normen schützen zentrale Bereiche zwischenmenschlichen Zusammenlebens. Zudem wird die Abschreckungshypothese häufiger bestätigt, wenn Ordnungswidrigkeiten im Vergleich zu Straftaten untersucht werden. Schließlich hat die Strafschwere einen deutlich geringeren Abschreckungseffekt als die Strafwahrscheinlichkeit. Insgesamt gesehen widersprechen die Befunde der Metaanalyse einer universellen Gültigkeit der Abschreckungshypothese, aber die Aussage, Abschreckung sei wirkungslos, wird ebenso widerlegt. Dies entspricht der Vorstellung, dass menschliches Verhalten durch mehrere Ursachenkomplexe beeinflusst wird. Bereits Weber (1980) erwähnt neben utilitaristisch zweckrationalen auch wertrationale, affektive und traditionale Handlungen - und die letztgenannten Handlungen können durch die Veränderung von Kosten und Nutzen nur schwer beeinflusst werden. Es gibt Fälle, in denen Abschreckung Verhalten beeinflussen kann - die Todesstrafe scheint jedoch nicht zu diesen Maßnahmen zu gehören. Folglich ist die Theorie der negativen Generalprävention als Legitimationsgrundlage für alle Sanktionen ungeeignet - erscheint jedoch im Hinblick auf den Nutzen erhöhter Strafwahrscheinlichkeit als brauchbar. Akzeptiert man die Ethik des Utilitarismus als Entscheidungsgrundlage, könnte man die Ergebnisse der Metaanalyse so übertragen, dass eine Strafe bzw. Strafandrohung dann legitimiert wäre, wenn eine andere Strafe bzw. Strafandrohung zu einer ungünstigeren Kosten-Nutzen Gesamtbilanz führen würde.
Publications
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(2006). Zur generalpräventiven Abschreckungswirkung des Strafrechts - Befunde einer Metaanalyse. In: Soziale Probleme 17 (2), 193-209
Dölling, D., Entorf, H., Hermann, D., Häring, A., Rupp, T. und Woll, A.
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(2007). Metaanalyse empirischer Abschreckungsstudien - Untersuchungsansatz und erste empirische Befunde. In: F. Lösel, D. Bender und J.-M.-Jehle (Hrsg.): Kriminologie und wissensbasierte Kriminalpolitik. Entwicklungs- und Evaluationsforschung. Forum: Mönchengladbach, 633-648
Dölling, D., Entorf, H., Hermann, D., Rupp, T. und Woll, A.
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(2008). Meta Analysis of Crime and Deterrence: A Comprehensive Review of the Literature. Dissertation, Technische Universität Darmstadt
Rupp, T.
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(2009). Is Deterrent Effective? Results of a Meta-Analysis of Punishment. European Journal of Criminal Policy and Research 15 (1- 2), 201-224
Dölling, D., Entorf, H., Hermann, D. und Rupp, T.