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Opfer-Täter-Transitionen im Lebensverlauf pädosexueller Straftäter

Fachliche Zuordnung Empirische Sozialforschung
Förderung Förderung von 2003 bis 2008
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5412890
 
Erstellungsjahr 2008

Zusammenfassung der Projektergebnisse

In nahezu allen unseren Analysen, die sich mit vielfältigen sozialen Einflussgrößen für die Wahl einer pädosexuellen Delinquenztrajektorie im Erwachsenenaher befasst haben, hat sich die pädosexuelle Viktimisierung (eigene sexuelle Missbrauchserfahrungen in der Kindheit/vor Vollendung des 15. Lebensjahres) als die zentrale Determinante erwiesen. Nur in wenigen Fällen folgt eigenen Missbrauchserfahrungen kein pädosexuell, delinquentes Verhalten im späteren Lebensverlauf. Auch die in der Literatur erwähnten Sozialisationsfaktoren, hinsichtlich derer die Erwartung bestand, dass sie der Opfer-Täter-Transition entgegenwirken, zeigten sich in unserem Untersuchungsdesign als nicht einflussreich. Weder der Erziehungskontext bzw. die Erziehungsqualität noch die Einbindung in verschiedene Peergruppen erwiesen sich als bedeutsame Moderatoren beim Übergang von der Opfer- zur Täterrolle. Daher ist als Hauptergebnis dieser Studie zu konstatieren, dass sich eine erlittene pädosexuelle Viktimisierung als einzige, durchgängig signifikante Einflussgröße für den Übergang zu einer pädosexuellen Delinquenz im Erwachsenenalter herausgestellt hat. Um dieses Ergebnis richtig zu verstehen, ist Folgendes zu berücksichtigen: Das von uns benutzte Untersuchungsdesign ermöglichte „nur" einen besonders schweren Test (aber damit auch einen Test mit besonders hoher interner Validität) der zu untersuchenden Hypothesen. Denn zum einen konzentrierten wir uns auf die Untergruppe der verurteilten und in Haft befindlichen pädosexuellen Straftäter (die auch im Hellfeld der pädosexuellen Delinquenz nur eine Minderheit darstellen), und zum anderen wählten wir als Kontrollgruppen für unsere A- nalysen ebenfalls inhaftierte Straftäter (adultsexuelle Gewalttäter und nicht-sexuelle Gewalttäter), für deren Delinquenztrajektorien viele der hier analysierten Einflussfaktoren ebenfalls eine bedeutsame Rolle spielen dürften. Aufgrund dieser sehr spezifischen Konfrontation von Straftätern unterschiedlichen Delinquenztypus bekamen in der statistischen Analyse überhaupt nur solche Karriere-Determinanten eine Chance, statistisch nachgewiesen werden zu können, die in einzigartiger und gravierender Weise eine schwerwiegende und dauerhafte pädosexuelle Delinquenz beeinflussen können (denn ansonsten wären die pädosexuellen Delinquenten nicht in Haft anzutreffen gewesen). Vor diesem Design-Hintergrund muss es als bedeutsamer Forschungserfolg gewertet werden (der u.W. auch international einzigartig ist), wenn hier erstmals nachgewiesen werden konnte, dass sich fast alle die in der Literatur bislang als Hauptdeterminanten pädosexueller Delinquenztrajektorien bezeichneten Sozialfaktoren in ihrer Wirkung verflüchtigen, wenn sie nicht zur Analyse des Einstiegs in eine pädosexuelle Delinquenz im Unterschied zu einem Nicht-Einstieg untersucht werden, sondern wenn sie untersucht werden zur Unterscheidung des Einstiegs in eine pädosexuelle Delinquenz im Unterschied zum Einstieg in eine andere, jedoch nicht-pädosexuell ausgerichtete Gewaltdelinquenz. Dann zeigt sich nämlich, und wir konnten das nachweisen, dass fast alle der genannten Ursachen für den Einstieg in die pädosexuelle Kriminalität auch für den Einstieg in andere Kriminalitätstypen gelten müssen. Denn die entsprechenden Ursachenfaktoren besitzen keinerlei Diskriminationskraft, wenn sie in der statistischen Analyse zur Unterscheidung von verschiedenen Gewalttätergruppen herangezogen werden. Allein der eine Faktor, allein die pädosexuelle Viktimisierung macht den entscheidenden Unterschied aus, wenn der Übergang zu einer pädosexuellen Gewaltkarriere und nicht zu einer andersartigen Gewaltkarriere erklärt werden soll.

 
 

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