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Vom Konfessionsgefühl zum ökumenischen Projekt? Konfessionsverschiedene Ehen in der Bundesrepublik Deutschland (1960er–1980er Jahre)

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 542476995
 
Die Geschichte bikonfessioneller Ehen in der Bundesrepublik ist bisher vornehmlich aus der Perspektive des jeweiligen Kirchenrechts und der Theologie betrachtet worden. Die Kirchen lehnten mit Blick auf die Zukunft ihrer Glaubensgemeinschaften die Eheschließung mit Angehörigen anderer Konfession und Religion lange grundsätzlich ab und suchten nach Wegen der Verhinderung. Das Projekt entwirft eine Geschichte katholisch-protestantischer Ehen „von unten“, d.h. aus der Perspektive von Paaren und Familien sowie von Pfarrern, Pfarrerinnen und EheberaterInnen. Dabei stehen soziale Praktiken von der kirchlichen Eheschließung über den Gottesdienstbesuch und Sakramentenempfang bis zur Kindererziehung im Mittelpunkt. Ausgangspunkt ist die These, dass seit den 1960er Jahren viele Paare den mit den Praktiken einhergehenden Schwierigkeiten im Alltag durch Formen „situativer Konfessionalität“ begegneten. Ehepaare und Familien entschieden sich nicht für eine Konfession, sondern mischten und wechselten zwischen katholischen und evangelischen Gewohnheiten, agierten gelegentlich gemeinsam, manchmal aber auch getrennt. Sie schufen damit ein eigenes Modell der Vereinbarkeit, auch schon bevor sich die Kirchen von polarisierenden Vorstellungen lösten. Emotionen, Praktiken und Semantiken des Wandels werden in den sozialen Handlungen von Männern und Frauen, Pfarrern und Gemeinden oder Eheberatungsseminaren an den jeweiligen Grenzen ihrer Konfessionen historisch betrachtet. Dabei liefern die Paare als katholische Frau mit protestantischem Ehemann oder vice versa und die konfessionelle Eheberatung Einblicke in die Semantiken und Emotionalität von Konfessionalität und die Körperlichkeit von Ritualen. In der Genderperspektive ist einerseits das Engagement prominenter Theologinnen wie Uta Ranke-Heinemann und Dorothee Sölle hervorzuheben, andererseits aber auch die Vorstellungen, die von einer neuen Rolle von Männern als Vätern ausgingen. Das Projekt untersucht einerseits das Ruhrgebiet (Bistum Essen, Ev. Kirche im Rheinland, Ev. Kirche in Westfalen), zweitens die Region Nordbayern mit dem Bistum Würzburg. Es bezieht aber auch die internationale Literatur (vor allem zur Schweiz, Niederlande, Frankreich) ein.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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