Biodiversität extrem säuretoleranter eukaryontischer Mikroorganismen in ausgewählten Tagebaurestseen in Deutschland unter besonderer Berücksichtigung der Mikroalgenflora
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Mit Hilfe von „environmental PCR“ wurde die Biodiversität einzelliger Eukaryonten in zwei extrem sauren Tagebaurestseen in Deutschland bestimmt. Während aus dem Lindensee (Oberpfalz; pH 2,9) 23 verschiedene Mikroorganismen identifiziert werden konnten, waren es im „Restloch“ RL107 (Lausitz) mit einem pH-Wert von 2,3 nur noch neun. Mit Ausnahme von drei Sequenzen, die auf Grund von Chimärenbildung nur partiell zur Verfügung standen, wurden die kompletten 18S rRNA Sequenzen zur Stammbaumanalyse verwendet und konnten den Chlorophyta, Euglenophyta, Fungi, Alveolate, Cercozoa und vor allem den Heterokontophyta (Stramenopiles) zugeordnet werden. Etwa die Hälfte der Sequenzen zeigte eine hohe Ähnlichkeit zu beschriebenen Organismen bzw. zu unkultivierten Stämmen aus meist ebenfalls sauren Biotopen. Die andere Hälfte war nur auf höherer taxonomischer Ebene oder gar nur auf dem Niveau eines Phylums zuzuordnen. In einem Fall war keine signifikante Zuordnung zu irgendeinem beschriebenen Phylum möglich, obwohl zusätzlich zur 18S rRNA die Sequenz des fast kompletten rRNA-Cistrons bestimmt und zum Datenbankvergleich verwendet wurde. Es handelt sich offenbar um die Sequenz eines acidophilen Mikroorganismus, der eine bislang unbekannte Evolutionslinie der Eukaryonten repräsentiert. Zwei Grünalgen konnten in Kultur genommen werden: Chlamydomonas acidophila war bereits 2005 von Gerloff-Elias et al. aus einem nahe gelegenen See isoliert und in der SAG-Sammlung hinterlegt worden; die Trebouxiophycee Koliella corcontica LS-K1 wurde dagegen neu bei der SAG hinterlegt (SAG 2257) und näher charakterisiert. LS-K1 zeigt in älteren Kulturen eine bislang unbekannte Art der „Cystenbildung“. Die im Normalzustand langgestreckten Zellen mit einem langen gelappten Chloroplasten schwellen zentral oder endständig zu einer kugeligen Struktur an. Durch Fluoreszenzmikroskopie wurde gezeigt, dass sich der Chloroplast in die Anschwellung zurückzieht und abrundet. Die „Cystenbildung“ wurde durch REM- und TEM Aufnahmen dokumentiert (in Zusammenarbeit mit Michael Melzer, IPK Gatersleben). Durch REM wurden speziell die Übergangsbereiche zu den angeschwollenen „Cysten“-ähnlichen Strukturen dargestellt, um die Regionen mit neu synthestisierter Zellwand sichtbar zu machen. Dabei wurden auch Verzweigungen im „Cysten“-bereich beobachtet. TEM-Aufnahmen zeigten wiederholt charakteristische concentrische Membranstapel. Ob es sich dabei um Artefakte der elektronenmikroskopischen Präparation oder um Bereiche von Membranvergrößerungen beispielsweise des ER handelt, die im Zusammenhang mit der „Cystenbildung“ relevant sind, beispielsweise zur Synthese großer Mengen an Zellwandmaterial, konnte noch nicht eindeutig geklärt werden.