Untersuchung der Schmelzdynamik beim Laserstrahlbohren zur Qualitäts- und Effizienzsteigerung
Final Report Abstract
Mit den Projektarbeiten sollte die Dynamik von Materialschmelze untersucht werden, welche während des Laserbohrprozesses mit gepulster Laserstrahlung entsteht. Dabei war in Übereinstimmung mit den Zielen des SPP 1139 angestrebt, die bestehenden Prozessgrenzen hinsichtlich Bohrlochqualität und Prozesseffizienz zu erweitern. Dazu sollten zahlreiche experimentelle Untersuchungen des Bohrprozesses und dabei insbesondere des Schmelzetransports durchgeführt werden. Aus diesen Resultaten sollten Verfahrensstrategien abgeleitet werden, um hochqualitative Prozessresultate bei kurzen Bearbeitungszeiten zu ermöglichen. Zum Zeitpunkt der Antragsstellung und auch heute noch sind experimentelle Untersuchungen des Schmelzetransports beim Laserbohren in der Literatur nur sporadisch anzutreffen. Weiterhin konzentrieren sich diese wenigen Arbeiten auf längere Pulsdauern im Bereich von Mikrosekunden oder auch Millisekunden, bei deren Verwendung ein großer Anteil des Materials in Form von schmelzflüssiger Phase aus der Bohrung ausgetrieben wird. Die Untersuchung von Schmelzetransportmechanismen bei Pulsdauern im Bereich von Pikosekunden oder noch kürzeren Laserpulsen war zum Zeitpunkt der Antragsstellung (und auch heute noch vielfach) kein Thema. Das lag und liegt darin begründet, dass die ultrakurzen Laserpulse meistens zur Erzeugung oberflächennaher Laserstrukturen bei hohen Intensitäten aber kleiner Fluenz verwendet wurden und werden. In diesem Prozessfenster gibt es nur sehr geringe Schmelzerückstände in der Bearbeitungszone und daher kaum Notwendigkeit den Schmelzetransport zu untersuchen. Zur Erzeugung tiefer Laserbohrungen muss allerdings mit sehr hohen Fluenzen weit oberhalb der materialspezifischen Abtragsschwelle gearbeitet werden. Die dabei auftretenden sehr hohen Intensitäten resultieren einerseits in einer starken Ionisation des abgetragenen Materials, welches nicht wie beim oberflächennahen Abtrag frei aus der Wechselwirkungszone in die Umgebungsatmosphäre entweichen kann, sondern teilweise im Bohrungskanal verbleibt und als einige Nanosekunden lebende Wärmequelle mit den Bohrungswänden wechselwirken kann. Andererseits kann – induziert durch die im Bohrkanal durch die vorangegangenen Laserpulse vorhandenen Partikel – ein atmosphärisches Plasma gezündet werden, welches in gleicher Weise wirkt. Schließlich unterscheidet sich das Laserbohren vom Oberflächenabtragen noch darin, dass sämtliche Laserpulse, besonders im Falle des Perkussionsbohrens, räumlich in der gleichen Position eingebracht werden, da es keinen Vorschub gibt. Da auch bei ultrakurzen Laserpulsen im Fall der Bearbeitung von Metallen pro Puls eine gewisse Wärmemenge im nicht-abgetragenen Material verbleibt, kann es bei sehr hohen Repetitionsraten zu einer deutlichen Erwärmung der Bohrungswände kommen. Welche Temperaturen dadurch erreicht werden, muss allerdings noch untersucht werden. Durch die in diesem Projekt durchgeführten Arbeiten konnte gezeigt werden, dass es einen Transport von schmelzflüssigem Material innerhalb des Bohrkanals bei der Verwendung von ultrakurzen Laserpulsen gibt. Weiterhin konnte gezeigt werden, dass unter den untersuchten Prozessparametern die typische Transportdistanz dieses Materials im flüssigen Zustand beim Perkussionsbohren etwa 500 µm beträgt. Durch Verwendung der räumlich-zeitlichen Prozessstrategie „Wendelbohren“ wird diese Distanz verkleinert auf etwa 300 µm. Es konnte gezeigt werden, dass das aus der Bohrung in schmelzflüssiger Phase ausgetriebene Material einen im praktischen Einsatz störenden Bohrungsgrat formt. Es wurde beobachtet, dass sobald die Abtrags- bzw. Bohrungstiefe die Distanz des Schmelzetransports überschreitet, kein weiteres Anwachsen des Bohrungsgrates mehr stattfindet, sondern ein von den Prozessparametern abhängiger mindestens teilweiser Abbau des Grates stattfindet. Zusammen mit der Beobachtung, dass die maximal erreichte Grathöhe mit Verringerung der verwendeten Fluenz abnimmt, konnte eine Prozessstrategie für besonders gratfreie Bohrungen bei vergleichsweise hoher Prozessgeschwindigkeit abgeleitet werden. Diese besteht darin, dass die Fluenz während des Bohrprozesses ausgehend von geringen Werten gesteigert wird, so dass maximaler Bohrfortschritt ohne signifikante Gratentstehung erzielt wird. Besonders günstig ist es dabei, wenn die Prozessstrategie „Wendelbohren“ mit einem möglichst großen Verhältnis zwischen Wendeldurchmesser und Fokusdurchmesser angewendet wird. Durch zeitaufgelöste Bildsequenzen konnte gezeigt werden, dass auch bei Bohrungstiefen größer als die Transportdistanz der Schmelze, Material in Form von Tropfen aus der Bohrung ausgetrieben wird und dass diese Tropfen schmelzflüssig sind, mit hoher Frequenz rotieren und eine mittlere Geschwindigkeit von etwa 75 m/s besitzen. Es wurde ferner nachgewiesen, dass diese Tropfen im Bereich der Abtragsfront bzw. Bohrungsspitze entstehen. Weiterhin wurde die Ausbildung der Bohrkapillare beim Perkussionsbohren und beim Wendelbohren untersucht. Deutliche Unterschiede zwischen diesen beiden Prozessstrategien, insbesondere während der ersten Bohrphase, wurden identifiziert. Während die Perkussionsbohrung im frühen Stadium des Prozesses eine sehr ausgeprägte dünne und tiefe Bohrungsspitze aufweist, ist der Kanal beim Wendelbohren von Anfang an wesentlich breiter. Dieser Unterschied wird im Wesentlichen für die Differenz in der Transportdistanz der Schmelze verantwortlich gemacht. Mittels Experimenten zur zeitlichen Pulsformung unter Verwendung von Nanosekunden- Doppelpulsen konnte gezeigt werden, dass prinzipiell die Möglichkeit besteht, die durch einen ersten Puls generierte Materialschmelze durch einen zweiten Laserpuls zu beeinflussen. Tatsächlich konnte bei geeigneter Parameterwahl durch die Doppelpulstechnik eine drastische Verkleinerung der zum durchbohren von 1 mm Stahl notwendige Anzahl an Laserpulsen erzielt werden. Die Grundidee, den Bohrprozess durch Doppelpulse zu beschleunigen, indem die Schmelze des ersten Pulses durch den zweiten Puls effizient ausgetrieben wird, scheint sich allerdings in diesem Fall nicht zu bestätigen. Das wurde daraus ersichtlich, dass der Effekt bei Wiederholung des Experimentes unter Vakuumbedingungen weitgehend verschwand. Die Autoren halten es für wahrscheinlich, dass die Verkürzung der notwendigen Bohrdauer auf die durch den ersten Puls generierte Stoßwelle und die damit verbundene temporäre Unterdruckumgebung zurückzuführen ist. Weiterhin ist nach den Erkenntnissen der in diesem Vorhaben durchgeführten Untersuchungen ein verbesserter Schmelzeaustrieb aus Qualitätsgründen auch nicht besonders empfehlenswert. Vielmehr sollte die Strategie so ausgewählt werden, dass der Austrieb von geschmolzenem Material möglichst vermieden wird. Die Anwendung des zentralen Resultats, einer Bohrstrategie für besonders gute Qualität bei kurzer Bearbeitungsdauer, ist unmittelbar auf industrielle Bohrprozesse übertragbar. Anwendungen für mikroskopische Hochqualitätsbohrungen liegen aktuell besonders bei Düsen für die Treibstoffeinspritzung oder auch für die Erzeugung von Fasern. Einige zukünftige Arbeiten im Umfeld dieses Vorhabens wurden bereits gestartet. Bei den Interpretationen der hier erhaltenen experimentellen Ergebnisse war es vielfach von Interesse wie die räumliche Verteilung der eingekoppelten Energie an den Bohrungswänden bzw. am Bohrungsgrund beschaffen ist. Dabei wurde klar, dass Freistrahlpropagation im Bohrloch nach geometrischer Optik nur eine erste grobe Näherung darstellt, da die hier vorliegenden Längenskalen nicht mehr groß sind gegenüber der Lichtwellenlänge und daher Beugungseffekte eine Rolle spielen dürften. Einen weiteren Forschungsbedarf sehen wir in der Untersuchung der Doppelpulsexperimente, welche keineswegs umfassend verstanden sind. Beispielsweise war eines der Resultate dieser Experimente, dass der Vorteil der Nanosekunden-Doppelpulse bei höheren Repetitionsraten (>5kHz) zunehmend verschwand. Das ist aus der Interpretation der reduzierten Gasdichte durch die erste Stoßwelle auch völlig verständlich, da bei höheren Repetitionsraten bereits ohne Doppelpulse der zeitliche Abstand der Einzelpulse klein genug wird, so dass permanent die günstigen Atmosphärenbedingungen in und oberhalb der Bohrung herrschen. Allerdings ist unklar, warum bei Pikosekunden Laserpulsen auch bei sehr viel höheren Repetitionsraten eine Reduktion des Umgebungsatmosphärendrucks dennoch eine deutliche Verkleinerung der zum Durchbohren eines Werkstücks benötigten Anzahl an Pulsen zeigt. Möglicherweise ist die Erzeugung von Unterdruckbedingungen bei Nanosekundenpulsen wesentlich effizienter als bei Pikosekundenpulsen. Hier wäre es beispielsweise höchst interessant, aus Nanosekunden- und Pikosekundenpulsen zusammengesetzte Pulssequenzen zu untersuchen.
Publications
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Untersuchung der Schmelzdynamik beim Laserstrahlbohren zur Qualitäts- und Effizienzsteigerung. In: Proceedings WLT Summerschool 2006
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