Reduktion linearer und nichtlinearer Systeme zweiter Ordnung
Final Report Abstract
Zu Analyse, Simulation und Entwurf dynamischer Systeme verschiedener Energiedomänen werden zunehmend große bis sehr große Modelle herangezogen. Speziell die Modellierung mechanischer und elektrischer Systeme führt dabei regelmäßig auf Systeme verkoppelter Differentialgleichungen zweiter Ordnung. Zur Reduktion solcher Modelle sind Verfahren gefragt, die dieses Charakteristikum aufrechterhalten, also wiederum Gleichungen zweiter Ordnung liefern, jedoch in deutlich geringerer Zahl, wobei gleichwohl das dynamische Verhalten und weitere Eigenschaften des großen Originalmodells möglichst gut durch das reduzierte Modell nachgebildet werden sollen. Durch das Forschungsvorhaben wurden derartige Verfahren entwickelt und in einer Dissertation, in 5 englischsprachigen Zeitschriftenbeiträgen und in 10 internationalen Konferenzbeiträgen publiziert. Hervorzuheben sind zwei Themengebiete: Es wurde zum einen ein Krylov-Unterraum zweiter Ordnung eingeführt, der es durch geeignete Anwendung einer Projektion erlaubt, die verbreiteten Krylov- Unterraumverfahren nicht wie bisher nur auf Zustandsraummodelle anzuwenden, sondern direkt auf die hier interessierende Klasse linearer Systeme zweiter Ordnung, Dabei resultieren reduzierte Modelle wiederum zweiter Ordnung, die darüber hinaus weitere Charakteristika wie Symmetrieeigenschaften oder Dämpfungsfreiheit aufrechterhalten. Zum anderen wurde alternativ eine dreistufige Prozedur entwickelt, bei der das Originalmodell zunächst in den Zustandsraum übertragen wird, dann reduziert wird, dann zurück in ein Modell zweiter Ordnung gewandelt wird. Das Verfahren ist numerisch aufwändiger, bringt aber doppelt so viele Parameter des Übertragungsverhaltens von Originalsystem und reduziertem Modell (die sog. Momente und Markov-Parameter) zur Übereinstimmung. Bei beiden Zugängen bleibt das Charakteristikum der Darstellung zweiter Ordnung vollständig aufrechterhalten. Eingehend untersucht wurden weiterhin: • Fragen der Invarianz des reduzierten Modells gegenüber Transformationen des Originals, • Erhaltung von Passivität und Stabilität, • Reduktion von Systemen mit proportionaler Dämpfung und von dämpfungsfreien Systemen. Die Eignung der Verfahren für drei ingenieurtechnische Anwendungen (Biegebalken, Gebäudemodell, internal Raumstation) wurde untersucht und belegt. Verfahren der Modellreduktion haben in den letzten Jahren stark steigendes Interesse gefunden, sowohl im Bereich neuer Methoden und theoretischer Hintergründe als auch im Bereich der Anwendungen, Algorithmen und Implementierungen. Insbesondere Industriepartner der Mechatronik beginnen, Verfahren der Modellreduktion systematisch in den Prozess der Produktentwicklung einzubinden. Die Ursache liegt vor allem in einem gewachsenen Bedürfnis nach präzisen Modellen auch komplexer Systeme. Der Einsatz computergestützter Modellierungstechniken wie Finite-Elemente- Methoden und Finite-Differenzen-Methoden führt dabei nahezu zwangsläufig auf sehr große Systeme verkoppelter Gleichungen, deren Handhabung und Weiterverwendung schwierig ist. Es ist daher auch in der näheren Zukunft mit einer Weiterentwicklung von Methoden der linearen und nichtlinearen Modellreduktion zu rechnen. Zukünftige Arbeiten zur Reduktion linearer Modelle werden sich voraussichtlich stark in der Numerik und der Entwicklung effizienter Algorithmen bewegen, da die systemtheoretischen Grundlagen weit entwickelt sind. Allerdings sind auch noch einige wichtige Fragen offen, wie die nach Verfahren der parametrischen Ordnungsreduktion und - speziell bei den Krylov-Unterraumverfahren - die Fragen nach gesicherter Stabilität des reduzierten Modells und nach geeigneten Entwicklungspunkten, an denen Momente zur Übereinstimmung gebracht werden. Speziell zur Reduktion linearer Systeme zweiter Ordnung ist die Frage offen, wie das erfolgreiche Zustandsraum-Verfahren des Balancierens und Abschneidens konsequent auf Systeme zweiter Ordnung übertragen werden kann. Die Reduktion nichtlinearer Modelle hingegen ist ein weitgehend offenes Feld, auf dem in den nächsten Jahren Verfahren für spezielle Systemklassen zu erwarten sind. Die heute bekannten Verfahren erfordern entweder umfangreiche Simulationsstudien am Originalmodell oder stützen sich auf (lokale) Linearisierungen oder erfordern die Lösung partieller Differentialgleichungen. Aufgrund dieser Nachteile hat sich bis heute keines der Verfahren durchsetzen können, obwohl Bedarf in den technischen Anwendungen klar erkennbar ist.
Publications
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B. Salimbahrami, B. Lohmann,A. Bunse-Gerstner and R. Grotmaack, "Reducing Second Order Systems by an Integrated State Space and Back Conversion Procedure", IFAC World Congress, Prag, Czech Rep., 2005.
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B. Salimbahrami, R. Eid, B. Lohmann: "Model Reduction by Second Order Krylov Subspaces: Extensions, Stability and Proportional Damping", IEEE Conference on Computer Aided Control System Design (CACSD), München, October 2006.
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R. Eid, B. Salimbahrami and B. Lohmann, "Order Reduction of First and Second Order Systems using Laguerre Series and Moment Matching", 5th MATHMOD, Vienna, Feb. 2006.
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Salimbahrami, B., Lienemann, J., Lohmann, B. and Korvink, J. G.: A Simulation Free Reduction Scheme and Nonlinear Modelling of an Electrostatic Beam. Presented at 10th IFAC/IFORS/IMACS/IFIP Symposium on Large Scale Systems: Theory and Applications, Osaka 2004, pp. 747-752
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Yousefi, A.: Preserving Stability in Model and Controller Reduction. Dissertation, TU München 12/2006