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Die Bibel verstehen lernen. Eine bibeldidaktische Studie mit einer empirischen Untersuchung zum Gleichnis vom barmherzigen Samariter
Antragsteller
Professor Dr. Joachim Theis
Fachliche Zuordnung
Katholische Theologie
Förderung
Förderung von 2004 bis 2005
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 5435112
Zentrum des vorliegenden Buches ist das Konzept einer elementarenBibeldidaktik als Ermöglichungsdidaktik. Ausgangspunktsind die Fragen: Was spielt sich im Denken des Menschen ab,wenn er mit den Texten und Geschichten der Bibel konfrontiertwird, und weiter zugespitzt: Was ist das, ‘Bibel Verstehen’?Dehalb ist das Ziel der Arbeit die Exploration der Prinzipien,mit Hilfe derer Menschen denken und verstehen und mit Bibeltexteninteragieren können. Im Hintergrund steht die Einsicht:"Verstehen ist ein dynamisches Geschehen". Daher wird Bibelverstehenals eine "kommunikative Handlung" dargestellt. Es istdarin das Ergebnis einer Korrelation von Verhältnissen zwischenAutor, Text und Kontext in der Vergangenheit einerseits undandererseits den Verhältnissen zwischen einem verstehendenSubjekt, sowie Text und Kontext in der Gegenwart. Dieser Tatbestandmacht deutlich, dass zum Verstehen eines damaligenTextes im Jetzt nicht eine auch noch so gründliche historischeAnalyse ausreicht oder auch nur anzunehmen ist. Ein solchesVerstehen ist erst dann gegeben, wenn der heutige Rezipient denText auf seine Bedeutung in der eigenen Existenz in der individuellenund gesellschaftlich-kulturellen Dimension bezieht. Vondaher ergibt sich, dass der verstehende Mensch einen produktivenAnteil an der Wirklichkeit des verstandenen Textes hat. AusThema und Zielstellung - "das Verstehen biblischer Texte aufder Grundlage eines interdisziplinären und integrativen Ansatzes"- ergibt sich eine dreiteilige Gliederung. Ein ersterTeil mustert verschiedene sprachtheoretische und sprachpsychologischeEntwürfe auf ihre Figuren der Textrezeption durch,immer ausgerichtet auf die Frage: "Mit Hilfe welcher Faktoren,welcher Einheiten und Leistungen werden die Verstehensprozesseeines Textes erzeugt?". Als Mittelglied in der Struktur derDarstellung führt der zweite Teil konkretisierend in ein Konzeptempirischer Untersuchung des dynamischen und kommunikativenVerstehensprozesses an Hand eines biblischen Textes ein.Da jedoch der Verstehensprozess nicht unmittelbar beobachtetwerden kann, muss der Beobachter auf indirekte Methoden zurückgreifen:"Er beobachtet die Ergebnisse des Verstehensprozessesund schließt dann auf deren Zustandekommen". Als Beispieltextwurde Lk 10,25-37 gewählt. Dieser Bezugstext dientals Gegenstand einer weiter ausgreifenden Befragung zur Analysedes Verstehensprozesses, wie er bei Jugendlichen in einerschulischen Situation abläuft. Ein dritter Teil formt aus derSystematisierung der Kenntnisse über den Aufbau und die Bedeutungder Verstehensprozesse von Bibeltexten eine kognitivorientierte elementare Bibeldidaktik. Es geht also- für eineaktuelle Religionspädagogik - um die zentrale Frage: Wie dasVerstehen von Bibeltexten gefördert werden kann und welchepraktischen Schlussfolgerungen hinsichtlich einer elementarenbiblischen Didaktik zu ziehen sind - in einer offenen, vielstimmigenGesellschaft und ihren Schulen. Unter diesem Aspektbedeutet elementare Bibeldidaktik, sich einerseits auf dieQuellen zu konzentrieren, aus denen sich der Bibeltext konstituiert,und andererseits sich die gesellschaftliche Dimensionund das kulturelle Umfeld vor Augen zu führen, in denen sichder Text jeweils neu realisiert. Ein so orientiertes Vermittlungsgeschehenmisst dem verstehend handelnden Individuum,das biblische Geschichte(n) (re)produziert, eine besondereStellung zu. Es bietet die Chance, Beziehungslosigkeiten zuüberwinden. Damit ist zum einen die Beziehungslosigkeit derSchüler untereinander gemeint, denn ein solcher hermeneutischerProzess ermöglicht durch die Vielzahl der rezipierenden PersonenEinblicke in unterschiedliche Denk-, Lebens- und Wertformen.Und zum anderen stiftet eine so orientierte Didaktikeinen neuen Dialog mit dem Text, der einen multiperspektivischenZugang zur Bibel eröffnet. Bibeldidaktik als Ermöglichungsdidaktikentspricht der fragmentierten gesellschaftlichenSituation in der der Umgang mit Mehrperspektivität, Vielfalt,Individualität und Differenziertheit gefordert ist. Sie entsprichtaber auch dem Anliegen der Bibel selbst, die dieMenschen mit ihren Geschichten auf ihrer Sinnsuche begleitenund über Gottes Gegenwart und seine geglaubte Offenbarung erzählenwill.
DFG-Verfahren
Publikationsbeihilfen