Constraining the seismotectonics, crustal, and uppermost mantle structure beneath an actively propagating segment of the Northern Mid-Atlantic Ridge (M60/3)
Final Report Abstract
Im Rahmen des seegeophysikalischen Projekts COSTMAR wurde erstmalig die Krustenstruktur eines propagierenden Rückensegments am Mittelatlantischen Rücken bei 21°30'N während der Reise M60/2 des FS (Meteor mittels tiefenseismischer Messungen untersucht. Ein propagierendes Rückensegment bildet sich, wenn z.B. durch Änderungen in der Bewegungsrichtung der tektonischen Platten eine Transformverwerfung instabil wird und die Spreizungsachse sich lateral ausbreitet und alte ozeanische Lithosphäre aufbricht. Insgesamt wurden vier refraktions- und weitwinkelseismische Profile abgeschossen, um die Krustenstruktur, den Schmelztransfer und tektonische Prozesse in der sich neubildenden und das Segment (südlich) begrenzenden Transformzone abzubilden. Darüber hinaus sollten zeitliche Aktivitätsschwankungen in der Schmelzproduktion untersucht werden. Hierzu wurden zwei V-förmig verlaufende Profile auf der Amerikanischen und Afrikanischen Platte platziert, um durch Schwankungen in der Mächtigkeit der Kruste in der Paläo-Segmentmitte einen Indikator für Änderungen in der Schmelzproduktionsrate zu bekommen. Das vierte Profil kreuzte die Rückenachse und die Scherzone, um die Krustenstruktur in der Paläo-Transformzone abzubilden. Darüber hinaus registrierte ein Netzwerk aus Ozeanbodenseismometern die lokale Erdbebenaktivität im Bereich des propagierenden Rückensegments sowie in der Scherzone am Segmentende. Entlang der Rückenachse wurde die größte Krustenmächtigkeit in der Segmentmitte beobachtet. Diese nimmt von der Segmentmitte mit ca. 8 km Mächtigkeit zu den Segmentgrenzen hin ab. Am nördlichen Ende des Segments war die Kruste mit 4 km am dünnsten. Am südlichen Ende, in Propagationsrichtung, war die Kruste mit ca. 6 km deutlich mächtiger. Diese Beobachtung deutet darauf hin, dass Schmelzen in der Segmentmitte aufsteigen und zu den Segmentenden hin transportiert werden. Die größere Mächtigkeit in Propagationsrichtung kann dadurch erklärt werden, dass die Propagation durch lateralen Schmelztransfer getrieben wird. Über die letzten 5 Mio. Jahre, d.h., seit Beginn der Propagation, wurde in der Segmentmitte eine Kruste mit nahezu konstanter Mächtigkeit von ca. 8 km gebildet. D.h., die Schmelzproduktionsrate scheint über die Zeit nahezu konstant geblieben zu sein. Die Scherzone hat mit nur 4-5 km die geringste Krustenmächtigkeit. Die Registrierung und Tiefenverteilung von über 4000 lokalen Erdbeben mit Magnituden von ML=0.5 bis 3.5 deutet darauf hin, dass die Kruste durch sog. „Bookshelf faulting" ausgedünnt worden ist. Somit ist es erstmalig gelungen den Spannungstransfer zwischen einem sich ausbreitenden Spreizungssegments und des benachbarten Segments abzubilden. Hier standen sich bislang zwei konkurrierende Vorstellungen geben über: „Bookshelf faulting" und somit Reaktivierung von an der Spreizungsachse gebildeter Störungen bzw. ,reine' Blattverschiebung. Darüber hinaus wurde ein fünftes tiefenseismisches Profil nördlich des propagierenden Segments abgeschossen. Das Profil verlief W-E und kreuzt die Spreizungsachse in einem Bereich, welcher im Schnitt ca. 500-1000 m tiefer ist als die nördlich und südlich gelegenen Segmente. Die westliche Rückenschulter zeigt eine domartige Struktur. Hier wurde während eines Tauchgangs mit dem französischen Unterseeboot Nautile u.a. Unterkrusten- und Mantelgesteine beobachtet. Bei der domartigen Struktur handelt es sich somit um einen sog. ozeanischen „Core Complex". Diese Strukturen treten dort auf, wo die Plattendivergenz zum Teil durch amagmatische Extension getragen wird. Entsprechend tektonisch dominierte Spreizung des Meeresbodens führt dazu, dass sich eine sog. „Detachment Fault" bildet, wobei in der von uns untersuchten Struktur im Westen der Spreizungsachse das Liegende der Störung und im Zentraltal und im Osten der Spreizungsachse das Hangende aufgeschlossen ist. Die seismischen Daten stützen die Vorstellung, dass die Lithologien der beiden Rückenflanken unterschiedlich sind. Hohe seismische Geschwindigkeiten an der westlichen Schulter stützen die Vorstellung, dass hier gabbroide Unterkrustengesteine sehr nahe am Meeresboden vorkommen, während die östliche Flanke eine für ozeanische Kruste typische Geschwindigkeitsabfolge zeigt. Unsere seismische Studie ist die erste, welche die konjugierten Flanken eines entsprechenden Störungssystems abbilden konnte. Darüber hinaus konnten wir erstmalig Weitwinkelreflexionen von der Krusten/Mantelgrenze unterhalb eines „Core Complexes" beobachten. Das Phänomen deutet darauf hin, dass trotz der Ausbildung einer Detachmentstörung magmatische Akkretion stattfindet.
Publications
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A seismic investigation of the 21.5° propagating segment on the Mid-Atlantic Ridge, Dissertation, St. John's College, University of Cambridge, pp. 176, 2007
Kahle, R.L.
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Processes of magmatic and tectonic accretion of oceanic lithosphere at mid-ocean ridges: constraints from a seismic refraction study at the Mid-Atlantic Ridge near 21.5° N, Dissertation, Christian-Albrechts Universität zu Kiel, pp. 165, 2009
Dannowski, A.