Einfluss der Polymerisationsbedingungen bei der Synthese von ultrahochmolekularen Polyethylen auf Struktur und Verarbeitungsverhalten des entstehenden Reaktorpulvers - Teil II: Struktur- und Eigenschaftsveränderungen durch Verstreckung kompaktierter Folien
Final Report Abstract
Das gemeinsam mit dem Ioffe-Physico-Technical Institute of Russian Academy of Science in St. Petersburg durchgeführte Forschungsvorhaben schließt nahtlos an das gleichnamige DFG-Projekt „Einfluss der Polymerisationsbedingungen bei der Synthese von ultrahochmolekularem Polyethylen auf Struktur und Verarbeitungsverhalten des entstehenden Reaktorpulvers“ an, welches von 2005 bis 2007 bereits von den beiden Kooperationspartner gemeinsam durchgeführt wurde. Die erzielten Ergebnisse sind deshalb nicht voneinander zu trennen. In dieser Zusammenfassung werden die aus beiden Projekten gewonnenen Ergebnisse gebündelt. Im Vordergrund stand die Frage, ob und mit welchen Reaktorpulvern es gelingt, hochfeste UHMWPE-Strukturen herzustellen, die gänzlich ohne umweltschädliche Lösemittel auskommen. Dabei ging die Vorstellung dahin, den hohen Kristallinitätsgrad der Pulver, d.h. die Morphologie, auszunutzen, da die Verschlaufungsdichte relativ gering ist. In den bereits durchgeführten Untersuchungen stellte es sich aber auch heraus, dass die kristalline Struktur der Urpolymerisate auch einen Einfluss auf die Prozessführung hin zum hochverstreckten Material haben muss. Diese Morphologie bzw. die verschiedenen Morphologien zu bestimmen, erwies sich als nicht einfach. Gut ausgebildete Faltenkristalle, wie sie im thermodynamischen Gleichgewicht z.B. aus der Schmelze auftreten, konnten trotz der Vielzahl von untersuchten Reaktorpulvern nicht gefunden werden. Unterschiedliches Verhalten bei der Verstreckung zeigt aber, dass tie-Moleküle mehr oder weniger häufig auftreten, so dass die kristallinen Bereiche aus einer Vermengung von mehr oder weniger gefalteten und gestreckten Polymerketten bestehen müssen. Abhängig vom Anteil entscheidet es sich, wieweit eine Verstreckung möglich ist. Diese Anteile werden offensichtlich von den Polymerisationsbedingungen stark beeinflusst. Nur Reaktorpulver, die unterhalb von ca. 50°C in einen Slurry-Prozess mittels eines Ziegler-Natta- Katalysators (ZN-Katalysator) mit kolloidaler Größe und auf einen hoch aktiven organomagnesischem Substrat hergestellt wurden, zeigen optimale Ergebnisse bei der weiteren Prozessführung bis hin zum Verstrecken. Den äußeren Habitus dieser Körner bildet homogene Noduli vom Broccoli-Typ. Mit Hilfe der Multi-Stage-Zonen-Stretch-Apparatur, in der lokal Bereiche von kompaktierten Reaktorpulvern mehrmals unter mechanischer Spannung bis knapp unter die Schmelztemperatur (der Reaktorpulver!) aufgeheizt werden, gelingt es zu beweisen, dass die optimal polymerisierten Reaktorkörner im Sinterverband bis zu 65fach versteckt werden können, wobei eine Festigkeit sogar etwas oberhalb der von Dyneema-Fasern, die mit dem umweltunfreundlichen Gel-Verfahren hergestellt werden, erreicht wird. Ultrahochmolekulares Polyethylen (UHMWPE), auch bekannt als „high-performance polyethylene“ (HPPE), ist ein Material, welches hervorragend geeignet ist, um Pumpenteile, Zahnräder, Gleitbuchsen usw. herzustellen. Sehr wichtige Einsatzgebiete liegen aber auch im medizinischen Bereich bei Implantaten und Oberflächen von Endoprothesen. Die guten mechanischen Eigenschaften wie Gleitfähigkeit und Schlagzähigkeit werden aber immer wieder durch auftretende Ausfallerscheinungen überschattet. Obwohl UHMWPE als verschleißfestes Material gilt, kommt es bei mechanischer Belastung häufig zu Ablösungen von einzelnen Partikeln oder Schollen. So besitzen Hüftgelenks- und Kniegelenksprothesen wegen dieser Ablösungen teilweise nur Standzeiten von wenigen Jahren und selbst die mittlere Lebensdauer reicht bei weitem nicht an die Zeit heran, die viele Menschen eine solche Prothese tragen müssen. Häufige, immer schwieriger werdende Operationen sind die Folge. Das jetzt abgeschlossen Vorhaben zeigt deutlich, dass bereits die Morphologie des Polymerisats mehr in das Verstehen der plastischen Prozesse einbezogen werden müsste. Einen Fortschritt könnte der Einsatz von kompaktierten Materialien bieten, deren Morphologie maßgeschneidert während der Polymerisation eingestellt wird. Hier sollte der Ansatz für künftige Projekte liegen.
Publications
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