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Sprachverarbeitung Frühgeborener während des ersten Lebensjahres und weitere lexikalische und kognitive Entwicklung im Vorschul- und Schulalter

Subject Area General and Comparative Linguistics, Experimental Linguistics, Typology, Non-European Languages
Term from 2005 to 2011
Project identifier Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Project number 5451241
 
Final Report Year 2011

Final Report Abstract

Eine der frühesten Fähigkeiten, die Kinder nutzen, um sich sprachliche Einheiten zu erschließen, ist ihre Sensitivität für die prosodischen Eigenschaften von Sprache. So zeigen deutsche Kinder bereits im Alter von 6 Monaten eine Hörpräferenz für das muttersprachliche Betonungsmuster. Zwanzig bis 40% aller sehr kleinen Frühgeborenen (< 1500 g bzw. < 32 SSW) werden im Schulalter als sprachentwicklungsverzögert oder sprachentwicklungsgestört beschrieben. Während der ersten Förderphase konnte gezeigt werden, dass gesunde, neurologisch unauffällige Frühgeborene, die eine verkürzte intrauterine Verweildauer haben und dem muttersprachlichen Betonungsmuster weniger ausgesetzt sind als Reifgeborene, in ihrer Sensitivität für rhythmischprosodische Merkmale der Sprache im ersten Lebensjahr beeinträchtigt sind. In der lexikalischen Entwicklung mit 12 Monaten, die mit dem Elternfragebogen zur Früherkennung von Risikokindern (ELFRA1) von Grimm und Doil (2000) erhoben wojrde, bestand jedoch zunächst kein Unterschied zur reifgeborenen Kontrollgruppe. In der weiterführenden Projektphase wurde nun der Frage nachgegangen, ob die mangelnde Sensitivität für prosodische Muster eine Auswirkung auf die weitere Sprachentwicklung hat. Dazu wurde im Alter von 24 Monaten die Entwicklung des Lexikons mit dem ELFRA2 überprüft. Im Alter von 3 und 4 Jahren wurde die weitere lexikalische Entwicklung mit dem Aktiven Wortschatztest für 3 bis 5-jährige Kinder (AWST-R) von Kiese-Himmel sowie das Grammatikverständnis mit Hilfe des Tests zur Überprüfung des Gramatikverständnisses (TROG-D) von Fox getestet. Alle Kinder wurden anhand der Bayley Scales of Infant Development (BSIDII) im Alter von 22 und 39 Monaten entwicklungsneurologisch untersucht. 100 Reifgeborene und 50 sehr untergewichtige Frühgeborene < 1500 g und < 32 SSW wurden rekrutiert. Im Alter von 24 Monaten wurden 57 Elternfragebögen von den Eltern Reifgeborener und 33 von den Eltern Frühgeborener per Post zurück gesandt. Untersuchungen zur weiteren Entwicklung des produktiven Lexikons und zum Grammatikverständnis konnten bei 49 Reifgeborenen und 30 Frühgeborenen durchgeführt werden. Die Sprachstandserhebung im Alter von 24 Monaten anhand des ELFRA2 zeigte, dass die Frühgeborenen gegenüber den Reifgeborenen signifikant schlechtere Leistungen in der Wortschatzproduktion, der Syntax und der Morphologie erzielten. Obwohl die Frühgeborenen im Alter von 22 Monaten im BSIDII im mentalen Index (MDI) im Normbereich lagen, schnitten sie im Vergleich zu den Reifgeborenen signifikant schlechter ab. Die Untersuchungen zur weiteren Sprachentwicklung im Alter von 3 und 4 Jahren zeigten, dass die Frühgeborenen gegenüber den Reifgeborenen sowohl im produktiven Lexikon schlechter abschnitten als auch im Grammatikverständnis geringere Leistungen zeigten. Im Alter von 39 Monaten schnitten die Frühgeborenen gegenüber den Reifgeborenen sowohl im mentalen als auch im psychosozialen Index signifikant schlechter ab als die Reifgeborenen. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sehr untergewichtige Frühgeborene ohne medizinische Risiken, in der weiteren sprachlichen und kognitiven Entwicklung beeinträchtigt sind. Dabei zeigt sich in der Sprachverarbeitung im ersten Lebensjahr eine beeinträchtigte Sensitivität für rhythmischprosodische Muster und ebenso Beeinträchtigungen in der weiteren lexikalischen und morphosyntaktischen Entwicklung. Die gesunden, neurologisch unauffälligen Frühgeborenen, entwickeln zudem, trotz Ausschluss aller mit der Frühgeburtlichkeit einhergehender Risiken, im weiteren Verlauf entwicklungsneurologische Defizite. Damit scheint eine sehr verfrühte Geburt, wie sie bei sehr untergewichtigen Frühgeborenen vorliegt, mit einem erhöhten Risiko für sprachliche und kognitive Defizite einher zu gehen.

Publications

  • (2008). Impaired word stress pattern discrimination in very-low-birth weight infants during the first 6 months of life. Developmental Medicine and Child Neurology 50: 678-683
    Herold, B.; Höhle, B.; Walch, E.; Weber, T.; Obladen, M.
  • (2009). Parental bilingualism is associated with slower cognitive development in very low birth weight infants. Early Human Development 85: 449-454
    Walch, E.; Chaudhary, E.; Herold, B.; Obladen, M.
 
 

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