Entwicklung einer Mess- und Auswertestrategie zur Ermittlung der Ortsraumeigenspannungsverteilung oij(z) in randzonenbearbeiteten Werkstoffen mit Beugungsverfahren
Final Report Abstract
Gegenstand des Forschungsvorhabens war die Erarbeitung und Verifizierung einer Methode, die es erstmals ermöglichen sollte, randschichtnahe Eigenspannungsverteilungen in vielkristallinen Werkstoffen gleichsam zerstörungsfrei und direkt im Ortsraum zu ermitteln. Den Ausgangspunkt der Überlegungen bildete die der energiedispersiven Diffraktionsmethode innewohnende Eigenschaft, gestreute Intensität in beliebigen, gleichwohl aber geometrisch exakt definierten Messrichtungen in Form vollständiger Beugungsspektren zu liefern. Die praktische Umsetzung erfolgte am energiedispersiven Synchrotron-Materialforschungsmessplatz EDDI bei BESSY II. Wesentliche Elemente des sogenannten „Stress-Scanning“ Konzeptes bilden dabei die Realisierung eines durch streustrahlenarme Blendensysteme scharf begrenzten Messvolumenelementes sowie eines Zwei-Detektor-Systems zur Datenerfassung. Mit dessen Hilfe lässt sich die gebeugte Intensität während des schrittweisen Eintauchens der Probe in das Volumenelement simultan für verschiedene Orientierungen des Streuvektors registrieren. Da die Probe in einem solchen Messzyklus nicht gekippt wird, bleibt die hohe Ortsauflösung senkrecht zur Probenoberfläche während der gesamten Messung erhalten. Das Verfahren wurde im Verlauf des Projektes an verschiedenen Werkstoffzuständen und Materialkombinationen getestet. Dabei muss zwischen zwei Szenarien unterschieden werden: 1. Für langreichweitige Eigenspannungsfelder mit nur schwachen lokalen Gradienten kann der Spannungszustand innerhalb der Tiefenausdehnung des Messvolumens näherungsweise als konstant angenommen werden. Die für jede Eintauchtiefe ermittelten Eigenspannungswerte lassen sich in diesen Fällen direkt der Position z des Volumenelementschwerpunktes zuordnen und ergeben so das Ortsraumtiefenprofil σ(z). 2. Starke Änderungen des Eigenspannungszustandes innerhalb der Volumenelementhöhe erfordern eine „Entfaltung“ der Daten, bei der sowohl die exponentielle Strahlschwächung im Volumenelement als auch dessen geometrische Gestalt berücksichtigt werden müssen. Die dem Stress-Scanning Verfahren zugrundeliegende Idee, die aus einem kleinen Volumenelement gebeugte Intensität gleichzeitig in mehreren Messrichtungen, d.h. für verschiedene Inzidenzwinkel des Streuvektors im Probensystem zu registrieren, wird inzwischen auch für die Untersuchung weiterer materialwissenschaftlicher Fragestellungen genutzt. Zu nennen sind diesbezüglich insbesondere die tiefenaufgelöste Ermittlung von Texturgradienten und Echtzeitstudien zum Wachstumsverhalten von Dünnschichtsystemen. Die im Vorhaben erzielten Forschungsergebnisse haben eine nachhaltige Wirkung in verschiedene Richtungen entfaltet. So ist die im Projektverlauf entwickelte Methode in das Portfolio von Messmethoden aufgenommen worden, die am Synchrotron-Materialforschungsmessplatz EDDI im Nutzerbetrieb anderen Forschergruppen angeboten werden. Ferner wurde die Idee der Zwei-Detektor- Messtechnik von beiden Antragstellern dieses Projektes (Berlin, Kassel) gemeinsam aufgegriffen und in die Entwicklung eines neuartigen energiedispersiven Labordiffraktometers eingebracht. Basierend auf diesem innovativen Gerätekonzept, das derzeit in zweifacher Ausfertigung umgesetzt wird, ist vorgesehen, die Methodik der energiedispersiven Messtechnik zur Ermittlung randschichtnaher Struktur- und Eigenschaftsgradienten weiterzuentwickeln.
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