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Die normierte altersstandardisierte Mortalitätsrate – eine neue Maßzahl für validere Vergleiche krankheitsspezifischer Mortalitätsraten
Antragstellerin
Susanne Stolpe, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Public Health, Gesundheitsbezogene Versorgungsforschung, Sozial- und Arbeitsmedizin
Epidemiologie und Medizinische Biometrie/Statistik
Epidemiologie und Medizinische Biometrie/Statistik
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 547150019
Die Todesursachenstatistik ist eine der am häufigsten verwendeten Quellen für vergleichende Gesundheitsberichterstattung und dient auch zur Einschätzung der Morbidität einer Bevölkerung oder der Effektivität von Gesundheitsinterventionen. Eigene Vorarbeiten ergaben, dass kardiovaskuläre Mortalitätsraten in Westeuropa jedoch eher morbiditätsunabhängig sind. Kardiovaskuläre Erkrankungen sind die häufigsten Erkrankungen in einer Bevölkerung mit dem größten Anteil an allen Todesursachen. In einem linearen Regressions-Modell war 2018 in Westeuropa die Gesamtmortalität jedoch nur in geringem Maß (R²adj Männer =0.30, Frauen <0) mit der kardiovaskulären Mortalität (jeweils altersstandardisiert) assoziiert. Schlussfolgerungen aus Vergleichen kardiovaskulärer Mortalität zur Effektivität von Prävention und Gesundheitsversorgung sind daher nur eingeschränkt aussagekräftig. Ursache dafür ist, dass Daten der Todesursachenstatistik nicht in objektiv vergleichbarer Weise gewonnen werden. Leichenschauende haben subjektive Spielräume bei der Selektion der zugrundeliegenden Todesursache. Bei Multimorbidität sind mehrere Kausalketten von zum Tode führenden Erkrankungen denkbar. Welche Erkrankung als Todesursache ausgewählt wird, hängt auch von ihrer Relevanz für ein Gesundheitssystem ab: Demenz hat in Europa einen sehr unterschiedlichen, seit Jahren ansteigenden, Anteil an allen Todesfällen (2019 z.B. 0,7% in Polen, 6% in Deutschland, 11% in den Niederlanden). Dadurch wird besonders der Anteil kardiovaskulärer Erkrankungen an allen Todesursache beeinflusst (2019: 43% in Polen, 38% in Deutschland und 24% in den Niederlanden), ohne dass tatsächliche Unterschiede in der Bevölkerungsgesundheit vorliegen. Dies wird bei publizierten Vergleichen kardiovaskulärer Mortalität nicht berücksichtigt, die Validität der Schlussfolgerungen nicht diskutiert. Um validere Schlussfolgerungen bei Vergleichen krankheitsspezifischer Mortalitätsraten zu ermöglichen, muss die unterschiedliche Wahrscheinlichkeit, mit der eine Erkrankung als Todesursache ausgewählt wird –das heißt, der Anteil einer Todesursache an allen Todesursachen - in die zu vergleichende Mortalitäts-Maßzahl einbezogen werden. Die Antragstellerin schlägt dazu eine Normierung der altersstandardisierten Mortalitätsrate vor. Diese beschreibt die Mortalität je 1%-Anteil der interessierenden Erkrankung an allen Todesursachen. Erste Auswertungen zeigen, dass diese Maßzahl validere Vergleiche ermöglichen kann: Unter Verwendung der normierten Mortalitätsrate ergab sich eine deutliche engere Assoziation der kardiovaskulären Mortalität mit der Gesamtmortalität für beide Geschlechter (R²adj 0.53 für Frauen und 0.81 für Männer). Im beantragten Projekt soll die normierte Mortalitätsrate in weiteren Szenarien der Gesundheitsberichterstattung eingesetzt und dies mit Ergebnissen bei Verwendung der nicht-normierten Mortalitätsrate verglichen werden. Eine Diskussion über die neue Maßzahl und ihre Verbreitung wird angestrebt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen