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Anyonen in einer Dimension: Quanten-Paarbildung and quantenmechanische Dissipation
Antragsteller
Privatdozent Dr. Axel Pelster; Professor Dr. Michael Thorwart
Fachliche Zuordnung
Theoretische Physik der kondensierten Materie
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 547748180
Eine faszinierende Eigenschaft der Quantenmechanik ist die Ununterscheidbarkeit identischer Teilchen. Sie hat Konsequenzen für ihr statistisches Verhalten unter räumlichem Austausch zweier Teilchen. In drei Dimensionen sind Vielteilchenwellenfunktionen symmetrisch oder antisymmetrisch bezüglich des Austauschs. Daraus ergibt sich die bosonische bzw. fermionische Statistik. In reduzierten räumlichen Dimensionen kann der Vielteilchen-Konfigurationsraum stattdessen topologisch nicht trivial werden, was zur fraktionalen Statistik von Anyonen führt, die zwischen Bosonen und Fermionen interpoliert. In zwei Dimensionen manifestiert sich dies im fraktionalen Quanten-Hall-Effekt, der physikalisch auf Elektronen mit Flussquanten beruht, die sich wie Anyonen verhalten, wodurch ein neuartiger Zustand der Materie entsteht. Eine weitere Reduktion auf eindimensionale (1D) Anyonen macht den Aspekt noch interessanter, da ein räumlicher Austausch eng mit starken Teilchenwechselwirkungen verbunden ist. 1D Anyonen werden durch Anyon-Hubbard-Modelle beschrieben. Aufgrund faszinierender Konzepte zur Umsetzung mit ultrakalten Atomen in optischen Gittern haben sie enorme Aufmerksamkeit auf sich gezogen. Diese Systeme zeigen neue physikalische Eigenschaften, wie z.B. eine Quasi- Kondensation bei endlichen Impulsen, statistisch induzierte Quantenphasenübergänge zwischen isolierenden und suprafluiden Phasen und eine asymmetrisch verteilte Lichtkegeldynamik. All dies sind besondere Ausprägungen der exotischen Quantenstatistik anyonischer Systeme. Der Forschungsantrag will weitere zentrale Eigenschaften von 1D Anyonen aufdecken, wobei drei Ziele verfolgt werden. Das erste analysiert in einem Minimalmodell die Paarbildung zweier Anyonen, analog zur Bildung von Cooper-Paaren von Elektronen. Damit kann eine anyonische Verbindung zwischen den Paarbildungsmechanismen in zwei Komponenten eines Fermi- und eines Bose-Gases hergestellt werden. Dies führt zu einer anyonischen Suprafluidität, bei der eine Paritätsverletzung erwartet wird. Das zweite Ziel soll offenlegen, wie Quantensysteme relaxieren oder dephasieren, wenn sie Fluktuationen anyonischer Quantenbäder unterliegen. Wir konzentrieren uns sowohl auf die niederenergetische Luttinger-Flüssigkeit als auch auf die schwach wechselwirkende Bogoliubov-Beschreibung des Anyon-Hubbard-Modells. Für ein Quantensystem, das an ein Anyon-Band koppelt, werden die paradigmatischen Fälle der quantenmechanischen anyonischen Brownschen Bewegung und des Spin-Anyon-Modells behandelt. Das dritte Ziel ist eine thematische Klammer und konzentriert sich auf den gemeinsamen mathematischen Hintergrund einer feldtheoretischen Beschreibung von 1D-Anyonen. Ausgehend von der kanonischen Feldquantisierung erarbeiten wir eine Pfadintegralquantisierung für Anyonen, die eine Verallgemeinerung von Grassmann-Zahlen erfordert. Wir erwarten das Auffinden weiterer exotischer Zustände von Quantenmaterie und ein vertieftes Verständnis ihrer Eigenschaften.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
USA
Kooperationspartner
Professor Dr. Nathan Harshman
