Lernmechanismen und Entwicklung der Alkoholabhängigkeit: Effekte von Alkohol auf den Erwerb und die Löschung konditionierter Reaktionen
Zusammenfassung der Projektergebnisse
Aktuelle lerntheoretische Modelle zur Entstehung und Aufrechterhaltung abhängigen Verhaltens betonen die Bedeutung klassischer Konditionierungsprozesse, die dazu führen, dass Reize, die häufig mit dem Konsum von Alkohol gepaart waren, in der Folge selbst eine Reihe von emotionalen und motivationalen Reaktionen auslösen können, die mit einer Wiederaufnahme des Alkoholkonsums nach einer Zeit der Abstinenz assoziiert werden konnten. Es liegen jedoch gegenwärtig keine Untersuchungen vor, die sich mit der Frage beschäftigen, welchen Einfluss der akute Alkoholkonsum auf den Erwerb oder die Löschung dieser konditionierten Reaktionen hat. Die vorliegende Studie sollte deshalb den Einfluss von Alkohol auf den Erwerb und die Löschung konditionierter Reaktionen bei sozialen Trinkern untersuchen und somit zu einem besseren Verständnis der Mechanismen beitragen, die an diesen Lemprozessen beteiligt sind. Untersucht wurde sowohl der Einfluss von Alkohol auf den Erwerb und die Löschung einer konditionierten belohnungsassoziierten Reaktion sowie auf den Erwerb einer aversiven Reaktion und die Ausführung einer instrumentellen Vermeidungsreaktion. Alkohol beeinflusste weder den Erwerb konditionierter appetitiver noch aversiver reizabhängiger emotionaler und aufmersamkeitsassoziierter Reaktionen. Demgegenüber zeigte sich unter Alkohol eine Beeinträchtigung der Ausführung instrumenteller Reaktionen. Während die instrumentelle Reaktion zur Erlangung einer Belohnung auch dann ausgeführt wurde, wenn externe Signale eine Bestrafung ankündigten (Beeinträchtigung der Inhibitionskontrolle), zeigte sich entgegen unseren Erwartungen keine Beeinträchtigung der Inhibitionskontrolle, wenn die instrumentelle Reaktion zur Vermeidung aversiver Konsequenzen diente. Vielmehr zeigte sich hier, dass Alkohol die Motivation zur Ausführung einer instrumentellen Reaktion zur Vermeidung aversiver Konsequenzen beeinträchtigte. Ferner zeigte sich, dass Alkohol die Löschung einer konditionierten appetitiven Reaktion nicht beeinträchtigte. Diese Ergebnisse verdeutlichen, dass Alkohol nicht zu einer generellen Beeinträchtigung der Inhibition behavioraler Reaktionen führt, sondern dass diese insbesondere dann aufzutreten scheint, wenn es sich um belohnungsassoziierte Reaktionen handelt. Zusammengenommen liefern diese Ergebnisse einen wichtigen Beitrag zum Verständnis der Entwicklung von abhängigem Verhalten und der Bedeutung der akuten Effekte von Alkohol. Weitere Studien sollen klären welche Rolle Alkohol als kontextspezifischer Reiz beim Erwerb und der Löschung konditionierter Reaktionen spielt, und ob bei der Entwicklung der Alkoholabhängigkeit ein Zusammenspiel von reizabhängigen appetitiven Reaktionen und einer Beeinträchtigung der Inhibition reizabhängiger appetitiver Reaktionen von Bedeutung ist.
Projektbezogene Publikationen (Auswahl)
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(2009). Attentional bias of alcohol dependent patients: Influences of chronicity and impairment of executive functioning. Addiction Biology, 14, 194-203
Loeber, S., Vollstaedt-Klein, S., von der Goltz; C , Flor, H., Mann, K., Kiefer, F.
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Acute alcohol decreases performance of an instrumental response to avoid aversive consequences in social drinkers. Psychopharmacology
Loeber, S., Duka, T.
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Acute alcohol impairs conditioning of a behavioural reward seeking response and inhibitory control processes - implications for addictive disorders. Addiction
Loeber, S., Duka, T.
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Extinction learning of stimulus reward contingencies; the acute effects of alcohol. Drug and Alcohol Dependence
Loeber, S., Duka, T.
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Impairment of cognitive abilities and decision making after chronic use of alcohol: The impact of multiple detoxifications. Alcohol and Alcoholism
Loeber, S., Duka, T., Welzel, H., Nakovics, H., Heinz, A., Flor, H., Mann, K.