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Der "Battikh Promontory Complex": Ein Karawanenumschlagplatz als Spiegel der Kolonisierungsgeschichte der ägyptischen Oase Dachla (3. Jt. v. Chr.)
Antragsteller
Dr. Heiko Riemer
Fachliche Zuordnung
Ur- und Frühgeschichte (weltweit)
Förderung
Förderung seit 2024
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 549395283
Untersuchungen zu Kolonisierungsvorgängen sind im archäologischen Diskurs vergleichsweise selten, vermutlich deshalb, weil es sich zumeist um langzeitliche Entwicklungen handelt, für deren Erforschung umfangreiche und ausdauernde archäologische Untersuchungen erforderlich sind, um Entwicklungen dieser Art mit der notwendigen historischen Tiefe nachspüren zu können. Die intensive Interaktion mit unbekannten Landschaften, Ressourcen und gegebenenfalls Menschen anderer Tradition (z.B. lokale Pastoralnomaden) stellt die Kolonisten vor Herausforderungen und Entscheidungsprozesse, die durch ihre eigenen Traditionen und herkömmliche Erfahrungen nicht abgedeckt werden. Die Oase Dachla in der ägyptischen Westwüste ist eine in mehrfacher Hinsicht besonders geeignete Forschungslandschaft für Fragen nach früher Kolonisierungsentwicklung und den damit verbundenen gesellschaftlichen und ökonomischen Dynamiken. In keiner anderen ägyptischen Oase ist solch eine Vielzahl an archäologischen Fundplätzen bereits gut erforscht worden, die es nun erlauben, Kolonisierungsphasen in archäologischen Befunden zu identifizieren und als Raum-Zeit-Modelle abzubilden. Die im Zentrum des beantragten Projekts stehende Erforschung einer erst kürzlich vom Antragsteller entdeckten Versorgungs- und Logistikstation in der östlichen Peripherie Dachlas, die hier als Battikh Promontory Complex (kurz: BPC) bezeichnet wird und als Ausgangspunkt eines bislang unbekannten Karawanenkorridors anzusehen ist, wird umfangreiche neue Erkenntnisse liefern zur historischen Entwicklung von Logistik und Anbindung zwischen Oasenkolonie und Niltal im 3. Jt. v. Chr. Abgesehen von den drei größeren Siedlungen Ayn Asil, Mut el-Kharab und Ayn el-Gazareen sind die bislang bekannten logistischen Einrichtungen in der Dachla-Oase, wie etwa Extraktionsplätze zur Rohstoffgewinnung und Stationen zur Versorgung oder Kontrolle der Karawanenwege, zumeist einfache und temporäre Einrichtungen für spezifische Unternehmungen. Der BPC hingegen erweist sich als gewaltige logistische Drehscheibe für Kommunikation und Warenverkehr zwischen der Oase und dem Niltal, die nach stichprobenartigen Untersuchungen der Keramikfunde im Jahr 2022 offenbar eine extrem lange Nutzungsdauer aufweist, die spätestens im frühen Alten Reich einsetzt und bis zum frühen Mittleren Reich reicht. Im Gegensatz zu früheren Vermutungen (Giddy 1987) hat sich eine intensive Nutzung der Darb el Tawil – der kürzesten, direkten Verbindung zwischen Dachla und dem ägyptischen Machtzentrum in Memphis – für schwere Lastkarawanen nach den neuesten Untersuchungen als nicht tauglich erwiesen – ein weiteres Indiz dafür, dass die Battikh Promontory Road die Hauptroute für den Güterverkehr in altägyptischer Zeit war. Die geplante Untersuchung des BPC verspricht daher neue und bedeutende Informationen zur kulturhistorischen Entwicklung der Oasen und ihrer wirtschaftlichen Ab- oder Unabhängigkeit vom Niltal.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Ägypten
Kooperationspartner
Dr. Nader El-Hassanin Abdelaal Ibrahim