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Maritime Gewalt, Marginalisierung und Marktformierung im spätmittelalterlichen England

Antragsteller Dr. Philipp Höhn
Fachliche Zuordnung Mittelalterliche Geschichte
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 550080022
 
Das Projekt untersucht maritime Gewalt im spätmittelalterlichen England. Es geht der Frage nach, ob und wie sich Prozesse der Herausbildung von Formierung eines hierarchischen Systems von Märkten und der Verdichtung von (königlicher) Herrschaft über Gewalt- und Kriminalisierungspraktiken verstehen lassen. Der Ansatz sieht Gewalt weniger als Folge politischer Großkonflikte, als als Ausdruck und Konfliktmittel ökonomischer Konflikte lokaler Akteure um Ressourcen, Orte der Aneignung und Verteilung von Gütern, Stapelrechte, Handelsrouten und Renten und des Umgangs mit ökologischem Wandel (Versandung, Erosion). Diese lokalen maritimen Gemeinschaften verknüpften aber ihre Konflikte kommunikativ mit den Kriegen der englischen Könige. Sie legitimierten ihre Gewaltpraktiken über auf den König bezogene Diskurse als Kriegsführung und kriminalisierten die Gewaltpraktiken ihrer Kontrahenten. Insofern erscheint Gewalt als ein wesentlicher Treiber der konflikthaften Aushandlung der Grenzen zwischen legitimem und illegitimem ökonomischem Handeln, aber auch als Bestandteil faktischer Prozesse der Formierung von Märkten. Dieser "Ort" maritimer Gewalt auf lokaler Ebene und in den Praktiken ökonomischer Akteure ist indes eng verbunden mit politischen Diskursen um das "Gemeinwohl" des englischen Reichs und Königs. Diesem Nexus geht das Projekt nach, indem es erstens nach dem Diskursinventar fragt, über das die Akteure maritime Gewalt und ihre Verbindung zu Krieg und wirtschaftlichem Aufstieg und Niedergang verhandelten, aber auch ihre Konkurrenten diskreditierten. Zweitens versucht es aus der reichhaltigen englischen Überlieferung Muster der Gewalt zu ermitteln. Dazu fragt es nach den konkreten Konfliktakteuren, den Angegriffenen, nach den Ressourcen und den Orten der Gewalt. Wie die Vorarbeiten des Antragsstellers nahelegen, zeigen sich durch diese empirische Fokussierung auf Gewaltpraktiken Muster, die den gängigen Erklärungsmustern, nach denen Gewalt ein "Nebenprodukt" politischer Konflikte wäre, entgegenlaufen. Durch die Ermittlung solcher Konfliktmuster werden Gewaltlagen sichtbar, die der Forschung bisher entgingen. Durch sie wird es möglich, Prozesse ökonomischen Strukturwandels besser zu verstehen.
DFG-Verfahren WBP Stipendium
Internationaler Bezug Großbritannien
Gastgeber Tom Johnson, Ph.D.
 
 

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