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Teilprojekt 6: Die Entstehung der polnischen Armee: Nationale Selbstbehauptung und militärische Gewalt (1914-1926)

Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2024
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 407133841
 
Das Teilprojekt setzt innerhalb der Forschungsgruppe die Arbeiten zur Frage der militärischen Gewaltkulturen in Osteuropa fort, die in der ersten Projektphase begonnen wurden. Wegen der Unzugänglichkeit russischer und ukrainischer Archive aufgrund des Krieges wird ein Thema der polnischen Militärgeschichte bearbeitet, das jedoch zugleich Brücken zu den anderen Projekten der Forschungsgruppe über Österreich, Russland, Frankreich und das Deutsche Reich schlägt. Gegenstand der Untersuchung ist die Frage nach der Genese einer spezifischen militärischen Gewaltkultur in polnischen Einheiten während des Ersten Weltkrieges, während der Staatsgründung in den Grenzkriegen und insbesondere im Krieg gegen Lenins Russland. Außerdem sollen die Folgen des Umgangs mit militärischer Gewalt für den polnischen Staat bis zum Maiputsch von 1926 betrachtet werden. Damit wird sich die Forschung über die Zäsur von 1918 hinweg mit der Entstehung eines neuen Selbstverständnisses des polnischen Militärs auf verschiedenen Kriegsschauplätzen im Weltkrieg und anschließend in der post-imperialen Situation in Osteuropa beschäftigen. Dies geschieht vor dem Hintergrund der andauernden Debatten über die Spezifika der Ostfront im Ersten Weltkrieg, der irregulären Gewalt gegen Zivilisten, insbesondere die jüdische Bevölkerung Osteuropas zwischen 1914 und 1921 und der Kontroversen um die Entstehung des polnischen Staates im Konflikt mit seinen Nachbarn. Diese Arbeit stellt die polnischen Akteure von 1914 bis 1926 in den Mittelpunkt der Forschung. Ziel ist es, herauszuarbeiten, wie eine Armee im Entstehen ihr eigenes Verhältnis zur Gewalt bestimmte. Dies geschah unter enger Beobachtung durch andere Armeen, die bis 1918 formal den Oberbefehl über verschiedene polnische Einheiten hatten und danach im Kampf um nationale Selbstbehauptung und staatliche Souveränität seit dem November 1918. Wegen der engen Verbindung von Staat und Militär nach 1918 – symbolisch verschmolzen in der Person Józef Piłsudskis – war das Verhalten der polnischen Streitkräfte von besonderer Bedeutung für die Legitimität Polens in der internationalen Arena. Zugleich agierten die polnischen Truppen in einem brutalisierten Raum, in dem spätestens seit 1915 Massengewalt gegen Zivilisten, Pogrome und auch gewaltsames Vorgehen gegen Kulturgüter und heilige Stätten zum militärischen Alltag gehörte. Im Krieg von 1920/21 war die Rote Armee, die sich auf den regellosen Schlachtfeldern des Bürgerkrieges formiert hatte, Gegner der polnischen Streitkräfte. Dies wirft die Frage auf, inwieweit die neuen Streitkräfte Polens und ihre Gewaltkultur durch die Umstände vor Ort geformt wurden oder von den Normen, Diskursen und der Gewaltpraxis jener Armeen geprägt waren, aus denen sie hervorgingen. Schließlich gilt es zu thematisieren, wie weit die Streitkräfte Polens von ihren politischen Schöpfern geprägt, die im französischen Staat ein Vorbild sahen und Polen zu einer westlichen Nation machen wollten.
DFG-Verfahren Forschungsgruppen
Internationaler Bezug Frankreich, Polen
 
 

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