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Identitäten und das Globalisierungs-Cleavage: Wie Bürger:innen unter den Bedingungen von Identity Leadership neue Identitäten bilden und Wahlentscheidungen treffen
Antragsteller
Dr. Matthias Mader; Dr. Nils Steiner
Fachliche Zuordnung
Politikwissenschaft
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 552288156
Das Projekt untersucht, inwiefern im Zuge der Globalisierung neue soziale Identitäten politisch relevant geworden sind. In Deutschland wirbt die AfD beispielsweise um „kleine Leute“, die sie von einer „globalistischen Klasse“ abgrenzt; in Frankreich spricht Marine Le Pen von einem "vergessenen Frankreich", das von der "globalisierten Elite" vernachlässigt werde. Bislang ist wenig darüber bekannt, ob sich Bürger:innen mit Kategorien wie diesen identifizieren und welche Rolle diese Identitäten bei der Wahlentscheidung spielen. Die vorliegende politikwissenschaftliche Forschung zeigt, dass die Globalisierung zur Herausbildung einer neuen politischen Konfliktlinie in Westeuropa geführt hat. Untersucht wurden dabei vor allem die von Bürger:innen nachgefragten und von Politiker:innen angebotenen Positionen zu Sachfragen. Globalisierungsbezogene soziale Identitäten wurden hingegen bislang wenig erforscht – obwohl die Herausbildung eines Gruppenbewusstseins als Voraussetzung dafür gilt, dass sich politische Konfliktlinien langfristig etablieren können. Das Projekt strebt die Beantwortung mehrerer verknüpfter Fragen an, um diese Forschungslücke zu schließen: In welchem Maße liegen neue, globalisierungsbezogene Identitäten vor? Wer identifiziert sich mit welchen Kategorien? Und welche Relevanz haben die neuen Identitäten für die Wahlentscheidung? Besonderes Augenmerk gilt dabei der Rolle politischer Eliten: Können sie durch geeignete Kommunikation die Herausbildung dieser Identitäten beeinflussen und dafür sorgen, dass Bürger:innen ihre Wahlentscheidung entsprechend dieser Identitäten treffen? Um diese Fragen zu beantworten, entwickelt das Projekt einen theoretischen Rahmen, der die politikwissenschaftliche Cleavage-Theorie und die sozialpsychologische soziale Identitätstheorie – und hierbei insbesondere das Konzept der Identitätsführerschaft (identity leadership) – zusammenführt. Empirisch wird das Projekt Bevölkerungsumfragen in vier Ländern (Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Niederlande) durchführen, um ein detailliertes Bild der Verbreitung und Gestalt globalisierungsbezogener Identitäten in Westeuropa zu zeichnen. Hierzu werden neue Messinstrumente entwickelt und eingesetzt, die diese Identitäten differenziert erfassen. Eine Paneldatenkomponente wird erstmals erlauben, ihre Stabilität zu untersuchen. Zudem wird in innovativen Umfrage-Experimenten die identitätsbezogene Rhetorik politischer Eliten simuliert, um deren Auswirkungen auf die Identitätsbildung und -aktivierung zu untersuchen. Die Projektergebnisse werden den Wissensstand in den Bereichen Politische Soziologie, Politische Psychologie und Vergleichende Politikwissenschaft erweitern. Zugleich werden die Befunde breitere gesellschaftliche Debatten darüber informieren, wie nationalistische und populistische Stimmungen auf eine Weise mobilisiert werden, die den Zusammenhalt und die Offenheit westlicher Gesellschaften gefährdet, und wie dem entgegenwirkt werden kann.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Frankreich, Großbritannien, Niederlande, Spanien
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner
Professor Kevin Arceneaux, Ph.D.; Professor Eelco Harteveld, Ph.D.; Professorin Emmy Lindstam, Ph.D.; Professor Jason Reifler, Ph.D.
