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Arts and Crafts und weibliche Erfindungsgabe. Die Erneuerung der Spitzenkunst im 19. Jahrhundert
Antragstellerin
Dr. Louisa Gienger
Fachliche Zuordnung
Kunstgeschichte
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 553979550
Die Besonderheit des Projektvorschlags liegt in der neuartigen Kombination eines textilhistorischen Spezialthemas mit kunsthistorischer Methodik und Genderforschung. Ausgehend von der wissenschaftlichen Erschließung der Spitzensammlung des Germanischen Nationalmuseums – Leibniz-Forschungsmuseum für Kulturgeschichte (GNM) in Nürnberg als exemplarischem Corpus wirft die Untersuchung neues Licht auf kunstgewerbliche Sammelstrategien und die Entwicklung der Spitze im 19. Jahrhundert. Seit ihren Anfängen im 16. Jahrhundert war Spitze ein Statussymbol par excellence und hatte eine enorme gesellschaftliche, kulturelle und wirtschaftliche Bedeutung. Europaweit entstand über Jahrhunderte eine ungeheure Vielfalt unterschiedlicher Spitzentypen. Sie voneinander zu unterscheiden und ihre künstlerische Qualität zu beurteilen, erfordert spezielle Qualifikationen. Spitzen sind kaum erforscht, denn es handelt sich dabei zum einen um ein ausgesprochenes Expertenthema. Zum anderen wurde die Gattung Spitze vor allem aus Gendergründen im Fachgebiet Kunstgeschichte vernachlässigt. Als Gegenpol dazu bietet das Projekt eine inklusive Betrachtungsweise weiblichen Kunstschaffens und zielt darauf ab, die Sichtbarkeit von Spitze in der akademischen Forschung und Museumsarbeit zu erhöhen. Damit soll ein Bewusstsein für die vielen Erscheinungsformen und Geschichten der bildenden Kunst in ihrer Verschiedenheit, Komplexität und Vielfältigkeit gefördert werden. Weltweit gibt es nur wenige Experten / Expertinnen für historische Spitze. Ein weiteres Anliegen ist es daher, Fach- und Methodenwissen zu bewahren und an nachfolgende Generationen weiterzugeben sowie den wissenschaftlichen Nachwuchs für das Thema Spitze zu gewinnen. Inhaltlich betritt das Projekt auf verschiedenen Gebieten Neuland. Es wird postuliert, dass die Sammlung des GNM in ihrer Struktur reformorientierte kunstgewerbliche Vorlagensammlungen spiegelt. Auf diesem Zusammenhang aufbauend werden die maßgebenden Auswahlkriterien auf Ideen in Schriften der Arts and Crafts- bzw. Kunstgewerbebewegung und deren Vordenker/-innen – u.a. Augustus W.N. Pugin, John Ruskin, May Morris, Alois Riegl und Tina Frauberger – zurückverfolgt. Die in den Publikationen propagierten Ideale und Gestaltungsprinzipien geben näheren Aufschluss über zeitgenössische Bestrebungen in der Textilkunst. Es soll gezeigt werden, dass sich diese Vorstellungen sowohl in der Einrichtung von Vorlagensammlungen als auch in der Arbeit an Spitzenschulen und anderen Initiativen zur Erneuerung der Spitzenkunst niederschlugen. Das Ergebnis – so die finale Hypothese – war die Entwicklung einer Vielzahl neuer Spitzentypen, was insbesondere aus der enormen kreativen Leistung weiblicher Persönlichkeiten im Umfeld der Kunstgewerbebewegung resultierte. Auf dieser Metaebene betrachtet wird die Untersuchung eine entscheidende Lücke in der Spitzenforschung des 19. Jahrhunderts schließen.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
