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Als Wissende regieren: Politische Legitimität zwischen epistemischer und staatsbürgerlicher Verantwortung

Fachliche Zuordnung Praktische Philosophie
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 555153659
 
Demokratie verleiht allen Teilnehmenden politische Entscheidungsbefugnisse. Können aber die Teilnehmenden als informierte, aufmerksame und kompetente politische Entscheidungsträger sich handeln? Hängt die Autorität demokratischer Entscheidungen von der Fähigkeit der Teilnehmenden ab, sich angemessen epistemisch zu verhalten? Wenn ja, warum? Diese Fragen betreffen die Legitimität der Demokratie. Demokratische Theorie geht auf unzureichende Weise mit diesen Fragen um. Auf der einen Seite der Debatte, die Bedeutung dieser Themen wird fälschlicherweise heruntergespielt, aus Angst, dass ein Fokus auf epistemische Kompetenzen die egalitären Ideale untergraben könnte, die der Demokratie zugrunde liegen. Auf der anderen Seite wird die Bedeutung epistemischer Faktoren viel zu oft auf ihre Ergebnisse verengt. Dieses Forschungsprojekt formuliert eine neue philosophische Sichtweise auf die Beziehung zwischen politischer Legitimität, Demokratie und individuellem epistemischen Verhalten. Nach dieser Auffassung haben Überlegungen zu individuellem epistemischem Verhalten Einfluss auf politische Legitimität, aber sie fallen ins Gewicht wegen einer Verpflichtung zu verantwortungsvoller politischer Mitautorschaft, nicht wegen ihrer Auswirkungen auf politische Ergebnisse. Zentral für diese Theorie ist die Idee, dass politische Entscheidungsfindung als eine Form gemeinsamen Handelns verstanden werden sollte, bei dem wir uns als wechselseitig rechenschaftspflichtige Mitbeteiligte begegnen. Die Werte, die diesem gemeinsamen Unterfangen zugrunde liegen, können jedoch - und das ist die innovative Hypothese, an der ich arbeite - nicht ausschließlich in Begriffen politischer Gleichheit formuliert werden. Sie beinhalten auch eine epistemische Dimension, da die Teilnahme an einem gemeinsamen Entscheidungsprozess alle Teilnehmenden dazu verpflichtet, einen epistemisch verantwortungsvollen Beitrag zu leisten. Eine Theorie dieser Art veranschaulicht, wie Defizite in politischer Information und individueller Kompetenz die normativen Bedingungen für legitime Mitverfasserschaft politischer Entscheidungen untergraben und wie der Schaden solcher Defizite somit weit über suboptimale politische Ergebnisse hinausgeht. Zweitens zeigt sie, wie Kompetenzanforderungen in das Ideal demokratischer Mitbeteiligung eingebettet sind und wie Sorgen um die möglichen antiegalitären Auswirkungen einer epistemischen Legitimitätstheorie daher fehl am Platz ist. Die Theorie kann auch neue Strategien zur Bewältigung der epistemischen Defizite inspirieren, mit denen moderne demokratische Gesellschaften konfrontiert sind. Zudem kann sie Diskussionen darüber fördern, wie kompetenzsteigernde Maßnahmen für alle am Entscheidungsprozess Teilnehmenden gestaltet und bereitgestellt werden können. Schließlich kann eine solche Theorie die Grundlagen für eine gemeinsame politische Kultur liefern, die sich gegen den unüberlegten Gebrauch demokratischer Macht wehrt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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