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Dekorative Materialität: Textilien und Konzeptionen von materiellem Überfluss in der britischen Literatur des Fin de Siècle

Antragstellerin Dr. Stefanie John
Fachliche Zuordnung Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 556119088
 
Das Forschungsprojekt leistet einen innovativen Beitrag zum interdisziplinären Dialog zwischen Literaturwissenschaft und Material Culture Studies, indem es spätviktorianische literarische Darstellungen von und Relationen zu Textilien untersucht. Im Fokus steht die Epoche von den 1870er Jahren bis zur Jahrhundertwende (Fin de Siècle). Das Projekt begreift die britische Kultur dieser Zeit als eine Kultur des materiellen Überflusses, geprägt von zunehmend modernen Mechanismen des Konsums und materiellen Ausdrucksformen von Reichtum. Zugleich erfuhren sowohl das literarische Feld als auch die Herstellung und Verwendung dekorativer Textilien radikale Veränderungen. Ausgehend von Diskursen wie Ästhetizismus und Dekadenz, der Arts and Crafts Bewegung und der Neuen Frau sowie den ökologischen und kolonialen Verflechtungen der Textilkultur des 19. Jahrhunderts konzentriert sich das Projekt auf Dialoge zwischen diesen beiden Feldern. Es untersucht die Beziehungen von Text und Textil in einem breit aufgestellten Korpus lyrischer, narrativer und nicht-fiktionaler Literatur: dazu zählen Werke von William Morris, Vernon Lee, Michael Field, Oscar Wilde, William Butler Yeats und Sarah Grand und von weniger bekannten Dichter*innen, Designkritiker*innen und Kunsthandwerker*innen wie Alfred Hayes, Mary Eliza Haweis, Rosamund Marriott Watson, Lucy Orrinsmith und May Morris sowie ausgewählte textile Artefakte. Das Projekt begreift das Textil flexibel als Modell der Form, als literarisches Bild und materielles (Text)Objekt. Davon ausgehend argumentiere ich, dass literarische Beziehungen zu Stickereien, Tapisserien, Gardinen, Bucheinbänden und anderen dekorativen Stoffen ambivalente spätviktorianische Auffassungen von Überfluss und Reichtum sowohl reflektieren als auch produzieren. Das Projekt schließt eine bedeutende Forschungslücke auf dem Gebiet des Spätviktorianismus und der literarischen Materialkulturen. Als erste umfassende Studie analysiert es Text-Textil-Beziehungen im britischen Fin de Siècle im spezifischen Kontext des Zuhauses, des Interieurs und zeitgenössischer Vorstellungen von materiellem Überfluss. Außerdem entwickelt das Projekt einen neuen methodischen Ausgangspunkt für die literaturwissenschaftliche Forschung zur materiellen Kultur und Intermedialität, indem es Gattungen jenseits des Romans, insbesondere Kurzformen und nicht-fiktionale Ratgeberliteratur, ins Zentrum des Interesses rückt. Das Projekt ist in den historisch ausgerichteten Victorian Studies und der Fin de Siècle-Forschung angesiedelt, verdeutlicht aber auch die Aktualität dieser Epoche für unsere Gegenwart. Die Textilkultur des 19. Jahrhunderts hallt nach in aktuellen Debatten zur Materialität, Ethik und Nachhaltigkeit von Kunst- und Konsumobjekten in den postindustriellen, digitalisierten Gesellschaften des 21. Jahrhunderts.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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