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Matrix einer Gesamtreform des Strafverfahrens

Fachliche Zuordnung Strafrecht
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 556195125
 
Das deutsche Strafverfahrensrecht ist reformbedürftig. Zwar sind in den letzten zehn Jahren eine Vielzahl von Reformgesetzen mit über 80 signifikanten Änderungen der Strafprozessordnung (StPO) in Kraft getreten. Jenseits der rechtspolitisch gefärbten Schlagworte „Modernisierung“ und „Effektivität“ sind jedoch Systematik, Stringenz und Sinn in dieser Reformphase nicht erkennbar. Vielmehr werden die Gesetzesänderungen der letzten zehn Jahre von theoretisch wie praktisch hinterfragbaren Effizienzvorstellungen oder „focusing events“ – der Orientierung des Gesetzgebers an medial hochstilisierten Einzelfällen – geleitet. Dies hat dazu geführt, dass die Strafprozessordnung den Anschluss an praktisch wirkmächtige Entwicklungen des Verfahrens in vielen zentralen Bereichen versäumt hat. Hierzu zählen insbesondere Großverfahren mit komplizierten und umfangreichen Bezugstatsachen, die systematische Verschiebung des Schwerpunktes des Strafverfahrens in die Ermittlungsphase und die daraus resultierende Tendenz, weniger transparente, konsensuale Verfahrensbeendigungsformate zu wählen. Das Gesetz ist in diesen Bereichen reaktiv und in beständiger Defensive gegenüber einer inhaltlich einfallsreichen, aber Machtasymmetrien begünstigenden Praxis. Eine Vielzahl rechtspolitischer Reformbemühungen dient nurmehr der nachträglichen Kompensation einseitiger Verschiebungen strafprozessualer Zielkonflikte, ohne dass es gelingt, strukturelle Schlüsselfragen zu adressieren, die den konkreten Gesetzesvorhaben voranstehen sollten. Das geplante Projekt will eine Metaperspetive leisten und untersuchen, welche Parameter und Gelingensbedingungen geschärft werden müssen, um zu einer prozesstheoretisch belastbaren Reform der Strafprozessordnung auf einem empirisch ausgeleuchteten, stabilen Fundament zu gelangen. Im Vordergrund steht dabei zunächst die wissenschaftliche Konturierung einer übergeordneten Perspektive auf einer zielführenden Abstraktionshöhe, die die Möglichkeit anschließender rechtspolitischer Bezugnahmen eröffnet (diese sind selbst nicht mehr Teil des Projekts). Hierfür bedarf es einerseits einer kohärenten Betrachtung intragesetzlicher Dynamiken, aber auch der Öffnung für interdisziplinäre Einflüssen auf Struktur und Verlauf des Verfahrens.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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