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Computational Philology zwischen Spiel und Wahrsagerei: Eine Edition der deutschen Fassungen des Losbuchs 'Prenostica Socratis Basilei' (PSB)
Antragstellerin
Dr. Elisa Cugliana
Fachliche Zuordnung
Germanistische Mediävistik (Ältere deutsche Literatur)
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 556223861
Ziel des Projekts ist es, die mittelalterlichen deutschen Versionen des Losbuchs "Prenostica Socratis Basilei (PSB) zu edieren. Bei der PSB handelt es sich um ein Werk mit arabischer Herkunft, das erstmals im 13. Jahrhundert auf Latein dokumentiert wurde. Wir verfügen über fünf mittelalterliche deutsche Fassungen, die in zehn Textzeugen aus dem 15. und 16. Jh. überliefert sind. Losbücher, ein Genre mit Wurzeln in der Spätantike, wurden im Rahmen der Wahrsagerei genutzt, die trotz kirchlicher Zensur im Mittelalter und darüber hinaus sehr verbreitet war. Um die Texte zu lesen waren Zufallswerkzeuge erforderlich, die eine Kette von Hinweisen eröffneten, um über eine Liste von Fragen zu deren Antworten zu gelangen. Die stark interaktive Natur von Losbüchern führte dazu, dass sie im Mittelalter auch als Gesellschaftsspiele neu interpretiert wurden. Bereits bestehende Editionen konzentrieren sich bisher überwiegend auf die Textdimension und übersehen die Illuminationen, Diagramme und interaktiven Werkzeuge, die die Texte begleiten. Außerdem wurde noch kein Losbuch als Digitale Wissenschaftliche Edition veröffentlicht. Die Bearbeitung dieser Texte ist jedoch aus mehreren Gründen sinnvoll: Anthropologisch bieten sie Einblicke in die Zweifel, Wünsche und Sorgen der Menschen im Mittelalter. Da diese Texte zur Gebrauchsliteratur zählen, entsprachen sie aus einer sprachlichen Perspektive nicht immer den literarischen Standards. Die einzigartigen Layouts beschränkten den Platz für Textinhalte, was zu Satzunterbrechungen und umfangreicher Verwendung von Abkürzungen führte. Eine Untersuchung der Textzeugen des Losbuchs PSB offenbart deutlich, dass die traditionellen Methoden nicht ausreichen, um die strukturelle Varianz, die interaktive Natur und die fehlende Linearität der Texte zu berücksichtigen. Die Transkriptionen der deutschen Textzeugen werden in diesem Projekt in der Graph-Datenbank Neo4j modelliert, was mehrere Annotationsebenen und intra- und intertextuelle Verbindungen ermöglicht. Verschiedene Formate wie XML und RDF können dabei aus Neo4j extrahiert werden. Nach der Normalisierung und Kollation werden die Textdaten in eine Binärmatrix für phylogenetische Analysen umgewandelt. Binärmatrizen werden auch erstellt, um die Varianz der Spielstrukturen und die diagrammatischen und illustrativen Dimensionen dieser Quellen zu analysieren. Mit hermeneutischen Analysen werden schließlich Assoziationen zwischen verschiedenen Komponenten der Werke, wie Themen, Realia (kulturspezifische Objekte) und orakel-ähnlichen Autoritäten, untersucht, um bedeutungsvolle Muster zu identifizieren. Die resultierende open-access Edition wird sowohl einen Text- als auch einen Spielmodus bieten. Für Ersteren werden kritische, diplomatische und normalisierte Texte vorbereitet, ebenso wie eine dynamische synoptische Präsentation. Beim Spielmodus wird der Fokus auf die historisch inhärenten Interaktivität und Multimodalität der Quellen gelegt.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
