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Die Entwicklung devianter Karrieren in schulischen Interaktionsprozessen

Fachliche Zuordnung Erziehungswissenschaftliche Sozialisations- und Professionalitätsforschung
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 556329022
 
Die Studie untersucht wie sich regelübertretendes Verhalten von Grundschüler:innen zu einer abweichenden Schüler:innenkarriere verdichten kann (Carprara & Zimbardo 1996; Dodge & Pettit 2003). Sie basiert auf einem interaktionistischen Ansatz, der davon ausgeht, dass sowohl Schüler:innen als auch Lehrkräfte Regeln und das durch die Regeln geforderte Verhalten situativ interpretieren. Dementsprechend ist regelüberschreitendes Verhalten häufig nicht eindeutig zu bestimmen und es bleibt damit auch häufig ohne Konsequenzen (Thiel 2016; Ergebnis unserer Vorstudie 2). Wird ein als abweichend interpretiertes Verhalten einem:r Schüler:in zugeordnet, so kann man von „Labeling“ oder „Etikettierung“ sprechen. Dies bedeutet, dass der:die Schüler:in durch dieses Verhalten beschrieben wird, und die weiteren auf diese:n Schüler:in bezogenen Interpretationen und Interaktionen dadurch strukturiert werden (Becker 2018/1963; Lemert 1951; ). Eine Etikettierung kann informal (Rochelau & Chavez 2015) sein, z.B. durch die Zuweisung der Schülerkategorie „Störenfried" (Hofer 1986), sie kann aber auch formalen Charakter haben (Rochelau & Chavez 2015), etwa bei der Verhängung von dokumentationspflichtigen Sanktionen wie dem Unterrichts- oder Schulausschluss. Eine solche Etikettierung kann sich auf die Schulbiografie der:s Schüler:in auswirken, indem sie die akzeptierten Handlungssoptionen schrittweise verringert, und es kann sich eine abweichende Karriere entwickeln (Cicourel 2020/1968; Faupel 2012). Auf der Grundlage eines theoretischen Mehrebenenmodells betrachten wir die Interaktionsprozesse: Die Abfolge der Ereignisse (einschließlich der Wendepunkte und Stagnationen) und ihre Interpretation, 2) die Beteiligten und ihre Perspektiven (Schüler:innen, Lehrerkräfte) und 3) die Kontextualisierung der Ereignisse (Zusammensetzung der Schülerschaft, soziokulturelle Merkmale der Schüler:innen). Dies wird empirisch eingelöst durch Unterrichtsbeobachtungen im Längsschnitt hinsichtlich potentiell als Störung zu beurteilenden Schüler:innenverhaltens und Reaktionen der Lehrkräfte, Interviews mit Lehrkräften und Schüler:innen, Erfassung von dokumentationspflichtigen Sanktionen. Unser Projekt stützt sich auf zwei Vorstudien, mit denen wir unsere Instrumente geprüft und erste Ergebnisse gesammelt haben. Mit dieser Studie möchten wir einen Beitrag leisten zu einem besseren Verständnis der Prozesse, in denen ein hoher Anteil von Grundschüler:innen als gestört auffällt – mit möglicherweise weitreichenden Implikationen für die betroffenen Kinder (z.B. SWK 2022).
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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