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Sprachunterscheidung bei mehrsprachigen ghanaischen Babys und Erwachsenen: Die Rolle von Rhythmus, Ton und Intonation
Antragstellerin
Professorin Natalie Boll-Avetisyan, Ph.D.
Fachliche Zuordnung
Allgemeine und Vergleichende Sprachwissenschaft, Experimentelle Linguistik, Typologie, Außereuropäische Sprachen
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 557720443
Mehrsprachigkeit ist weltweit, insbesondere in Afrika, weit verbreitet (z. B. Omane et al., 2024). Die Mechanismen, die es ermöglichen, mehrsprachig zu werden, sind jedoch kaum erforscht. Das Ziel dieses Projekts ist die auditiven Mechanismen zu erforschen, die es Babys ermöglichen, zwischen mehreren Muttersprachen zu unterscheiden, weil diese Diskriminierungsfähigkeit eine Voraussetzung für Mehrsprachigkeit darstellt. Frühere Studien haben gezeigt, dass es leichter ist zwischen prosodisch eher divergierenden Sprachen zu diskriminieren (siehe Gasparini et al., 2021). Diese Forschung weist jedoch erhebliche Lücken auf, die die westliche und sprachlich indoeuropäische Ausrichtung der gegenwärtigen Forschung widerspiegeln (siehe Kidd & Garcia, 2022): Die meisten Studien untersuchten monolinguale Populationen, für die jedoch die Unterscheidung zweier Sprachen nicht alltagsrelevant ist. Außerdem wurden bislang keine Sprachdiskriminierungsstudien mit tonsprachlernenden Babys durchgeführt - trotz der Häufigkeit von Tonsprachen weltweit. Dies ist problematisch, da Ergebnisse aus nichttonsprachlichen Populationen nicht generalisierbar sind, da sie Prosodie anders wahrnehmen (z.B. Creel et al., 2018). Überdies haben sich die meisten bisherigen Studien in Anlehnung an Nazzi et al. (1998) auf die rhythmusbasierte Sprachunterscheidung fokussiert und dabei die mögliche Bedeutung von Tonhöhe als Hinweisreiz vernachlässigt. Wir werden daher untersuchen, ob Babys, die mehrsprachig mit Ton- und Nichttonsprachen aufwachsen, diese Sprachen anhand der Prosodie unterscheiden können. Außerdem werden wir prüfen, ob Tonhöhe als einziger Reiz für die Sprachunterscheidung genügt, und ob dies von der Ähnlichkeit zwischen Sprachen bezüglich Rhythmus, Ton und Intonation abhängt. Aufbauend auf unseren Forschungserfahrungen in Ghana (z. B. Omane et al., 2024) werden wir mehrsprachige Erwachsene und Babys testen, die dort mit Ton- (Akan und Ewe) und Nichttonsprachen (Ghanaisches Englisch, GhE) aufwachsen. In drei Arbeitspaketen (WP) werden wir zuerst in WP1 einen Sprachkorpus mit Produktionen von Akan, Ewe und GhE erstellen. Mittels akustischer Messungen bestimmen wir die prosodischen Unterschiede in Rhythmus und Tonhöhe, die mehrsprachige Babys in Ghana im Sprachinput erhalten. Anschließend werden wir untersuchen, ob mehrsprachige Erwachsene diese Sprachen anhand von rhythmischen und/oder Tonhöhen-Hinweisen unterscheiden können. In WP2 werden wir testen, ob mehrsprachige Babys zwischen ihren Muttersprachen unterscheiden können und ob sie zwischen Sprachen mit ähnlichen Tonsystemen ebenso gut diskriminieren können wie zwischen einer Ton- und einer Nichttonsprache. In WP3 untersuchen wir, ob mehrsprachigen Babys Tonhöhenhinweise für die Diskriminierung zwischen den Sprachen ausreichen. Dieses Projekt erweitert die Spracherwerbsforschung um sprachliche und kulturelle Diversität und liefert damit einen wesentlichen Beitrag zur Theoriebildung.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
