Detailseite
Koordinationsfonds
Antragsteller
Professor Dr. Jörn Etzold
Fachliche Zuordnung
Theater- und Medienwissenschaften
Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 524611401
Infrastrukturen gewährleisten die Versorgung von Leben. Dabei erzeugen sie nicht nur technologisch-administrative Wirklichkeiten, sondern komplexe soziokulturelle Dependenzgeflechte. Die aus Vertreter:innen der Theaterwissenschaft, Literaturwissenschaft, Medienwissenschaft und politischen Philosophie bestehende Forschungsgruppe fragt nach den spezifischen Formen dieser Dependenzen und nach alternativen infrastrukturierenden Praktiken. Dabei liegt ihrer Forschung ein dualer Begriff von Infrastruktur zugrunde: als materielle Basis des Zusammenlebens in Form von Straßen, Eisenbahnen oder Wasserleitungen und als implizite Formierung von Wahrnehmung und Handeln. Konzeptionell liegt der Fokus auf einem bislang vernachlässigten Aspekt: der Ästhetik von Infrastruktur. Ästhetische Kriterien konfigurieren den Möglichkeitsraum dessen, was als Infrastruktur wünschbar und machbar erscheint; indem sie das tun, beeinflussen sie das Zusammenleben mit und mittels Infrastrukturen - die ihrerseits bedingen, welche Erfahrungen von wem gemacht werden können. In Analysen künstlerischer Arbeiten und soziokultureller Prozesse aus den Bereichen Theater/Performance, Literatur, Film und Medienkunst will die Gruppe die bisherige, an Fragen von Technologie und Verwaltung orientierte Infrastrukturforschung um eine Perspektive erweitern, die Infrastruktur als soziale Ordnungsmacht reflektiert und verhandelbar macht. Dabei liegt der historische Schwerpunkt auf Arbeiten, Formen, Gemeinschaften und Institutionen aus der Zeit von 1990 bis heute, die sich mit Vergangenheit und Fortleben der schwerindustriellen, kolonialen, rassifizierenden und extraktivistischen Infrastruktur auseinandersetzen, die ab dem 19. Jahrhundert eingerichtet wurde. Die Gruppe verfolgt einen transnationalen Ansatz und nimmt dabei insbesondere Infrastrukturen in den globalen Peripherien in den Blick. Dabei erforscht sie in drei Themenschwerpunkten: (1) die imaginäre Kräften und Machtdispositionen, die zur Einrichtung, Aufrechterhaltung, Reparatur oder auch Verwahrlosung von Infrastruktur führen; (2) die sinnlichen Wahrnehmungserfahrungen (aisthesis), die durch Infrastrukturen ermöglicht und bedingt werden, sowie jene, durch die Infrastruktur selbst wahrnehmbar wird; (3) die Formen distributiver Handlungsfähigkeit (agency) im Gebrauch von Infrastrukturen und alternative, 'bottom-up' operierende 'infrastrukturierende' Praktiken. In Verbindung mit dem Ästhetischen geraten somit einerseits die Gewalt infrastruktureller Abhängigkeiten und deren ambivalentes Verhältnis zum Institutionellen in den Blick; andererseits zeigen die künstlerischen Interventionen emanzipative Potenziale im Umgang mit Infrastruktur auf und erfinden neue Formen von Sorge und Versorgung.
DFG-Verfahren
Forschungsgruppen
Teilprojekt zu
FOR 5710:
Infrastruktur: Ästhetik und Versorgung
