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Die Entwicklung kommunaler Schlachthöfe im Ruhrgebiet und im Allgäu: Eine vergleichende Regionalanalyse, 1945-1990

Fachliche Zuordnung Wirtschafts- und Sozialgeschichte
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 558734425
 
Die bundesdeutsche Vieh- und Fleischindustrie durchlief in den Jahren von 1945 bis 1990 einen tiefgreifenden Wandel. Während sich die gewerblichen Schlachtungen von ca. 1,5 auf über 5 Mio. t verzweieinhalbfachten, sank die Zahl der bis dahin marktprägenden kommunalen Schlachthöfe von 400 auf 105. Wie von Karl Christian Führer kürzlich beschrieben, verbirgt sich hinter dieser numerischen Veränderung ein Verdrängungsprozess durch vertikal integrierte private und genossenschaftliche Schlachtereien, die im Zuge marktwirtschaftlicher Rationalisierungslogiken und Konzentrationsprozesse entlang der gesamten fleischwirtschaftlichen Wertschöpfungskette zu den marktdominierenden Fleischproduzenten aufstiegen. Das Projekt adressiert die unternehmensinternen Entscheidungsprozesse und Handlungsstrategien der kommunalen Schlachthöfe im Angesicht weitreichender Vermarktungsumbrüche. Bis dato werden kommunale Schlachthöfe als passive Akteure dargestellt. Im Speziellen untersucht das Projekt drei Aspekte, die sich aus der historischen Genese und dem öffentlich-rechtlichen Betriebscharakter kommunaler Schlachthöfe ergeben und, so das Postulat, die Entscheidungsprozesse und das Markthandeln kommunaler Schlachthöfe wesentlich beeinflusst haben. (1) Da kommunale Schlachthöfe in der gesamten Bundesrepublik Deutschland verbreitet waren, müssen regionale Standortfaktoren und Wettbewerbsbedingungen identifiziert und in ihren Auswirkungen auf Unternehmensstrategien über einen Stadt-Land-Vergleich (Ruhrgebiet, Allgäu) untersucht werden. (2) Durch die Eingliederung kommunaler Schlachthöfe in weisungsgebundene Finanz- und Verwaltungsapparate der Städte waren ihre Unternehmensstrategien durch eine eingeschränkte Handlungsautonomie geprägt. Hier bedarf es einer Analyse der sich daraus ergebenden spezifischen Handlungsspielräume und der betriebsinternen Funktionslogiken. (3) Als Dienstleistungsstätte, die dem ortsansässigen Metzgerhandwerk ein Nutzungsrecht einräumen musste, soll letztlich die wechselseitige Beeinflussung zwischen Metzgerhandwerk und Schlachthofleitungen untersucht werden, insbesondere inwieweit berufsbezogene Mentalitäten und das Festhalten an tradierten Arbeitspraktiken das Handeln von Schlachthöfen einschränkten. Methodisch bedient sich das Projekt an Ansätzen der Neuen Institutionenökonomik, des Rational-Choice-Models und der Oral History. Durch die Verbindung dieser Ansätze sollen institutionelle Pfadabhängigkeiten sichtbar gemacht und anhand ausgewählter institutioneller Schocks die Handlungsfähigkeit kommunaler Schlachthöfe analysiert und Unternehmensstrategien plausibilisiert werden. Die Quellenbasis bilden acht Schlachthöfe: vier aus dem Ruhrgebiet und vier aus dem Allgäu. Um dem rational-choice-Modell und der habitualisierten und körpertbetonten Arbeit im Metzgerhandwerk gerecht zu werden, werden zudem leitfadengestützte Interviews mit ehemaligen Metzgern geführt.
DFG-Verfahren Sachbeihilfen
 
 

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