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Klavierwettbewerbe in der BRD, DDR und Österreich (1950–1990): Zur Einflussgröße kulturpolitischer Programme auf die Entwicklung institutioneller Logiken und genderspezifischer Identitätsbilder im Kalten Krieg
Antragstellerin
Dr. Bianca Schumann
Fachliche Zuordnung
Musikwissenschaften
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 558830830
Das im Projektvorhaben hat die Erforschung der Einflussgröße kulturpolitischer Programme auf kulturelle Praktiken zu Zeiten des Kalten Kriegs zum Ziel. Als Gegenstand dieser Untersuchung dienen drei internationale Klavierwettbewerbe, die zwischen 1950 und 1990 in regelmäßigem Turnus im systempolitisch heterogenen deutschsprachigen Raum ausgetragen wurden. Es handelt sich dabei um den ARD-Wettbewerb (München, BRD), den Bach-Wettbewerb (Leipzig, DDR) und den Beethoven-Wettbewerb (Wien, Österreich). Das Projekt geht der Frage nach, wie die Kulturpolitiken der Besatzungsmächte und souveränen Folgeregierungen der Austragungsländer zum einen auf (1) die Entwicklung institutioneller Logiken sowie die dadurch bedingten Handlungspotentiale der Wettbewerbe und zum anderen auf (2) die Entstehung genderspezifischer Identitätsbilder, wie sie in der jeweiligen Lokalpresse zu den Wettbewerbsteilnehmer:innen verbreitet wurden, eingewirkt haben. Anhand der Wahl dieser spezifischen Schlaglichter wird die enorme Reichweite des kulturpolitischen Einflusses sichtbar, der sich also nicht allein auf die Bildung des internen Selbstverständnisses der Wettbewerbsinstitutionen, sondern auch auf die mediale Fremdwahrnehmung der an diesen Wettbewerben teilnehmenden Pianist:innen erstreckt. Durch die Sichtbarmachung der international verschiedenen vorder- wie hintergründig, implizit wie explizit wirkenden ideologiebasierten Werte- und Normsysteme leistet das Projekt vermittelst der Erschließung vernachlässigter Archivbestände nicht nur einen innovativen Beitrag zur kontextsensitiven Analyse kultureller Handlungen von Institutionen im Kunst- bzw. Kultursektor, sondern führt unter zentraler Berücksichtigung der komplexen sozio- und kulturpolitischen Situation im deutschsprachigen Raum der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts zugleich die bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges bereits geleistete Erforschung von Weiblichkeits- und Männlichkeitsbildern von Pianist:innen fort. Die Frage, welche Rollen die diversen politisch-ideologischen Hintergründe bei der Etablierung dieser Geschlechterbilder spielen, wird im Zuge dieser Analyse dabei genauso zentral mitgedacht wie die Frage nach der Bedeutsamkeit von ‚Körperlichkeit‘ für die Konstruktion und Konstitution von Geschlechtsidentitäten im Kontext performativer Praktiken. Das Projekt spinnt demnach dank seiner interdisziplinären Ausrichtung sowohl aktuelle musiksoziologische Diskurse zu Bewertungskriterien in Kontexten künstlerischer Praxis als auch aktuelle Forschungsanliegen der Gender Studies zur Entstehung, Manifestierung und Wandlung von Identitätsbildern kritisch weiter. Insbesondere mit der Einbettung dieser Teilperspektiven in einen Projektrahmen, der die Erforschung der kulturpolitischen und sozio-kulturellen Einflüsse auf die Entstehungs- und Wirkungsgeschichte der drei Wettbewerbe zum Ziel hat, nimmt sich das Projekt einem Desiderat an, dessen Bearbeitung eine fächerübergreifende Resonanz erwarten lässt.
DFG-Verfahren
WBP Stipendium
Internationaler Bezug
Österreich
Gastgeberin
Professorin Dr. Melanie Unseld
