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Biopolitik zu Kriegszeiten: Militarisierte Körper, Flucht und Umweltzerstörung im Osteuropa des Ersten Weltkrieges
Antragstellerin
Dr. Oksana Nagornaia
Fachliche Zuordnung
Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 559147769
Das Projekt zielt darauf ab, die bestehenden Forschungsparadigmen in den drei folgenden konzeptionellen Bereichen kritisch zu hinterfragen und damit einen wichtigen Beitrag zur Entwicklung der entsprechenden historiographischen Debatten zu leisten: die Umweltgeschichte des Ersten Industriellen Krieges aus der Perspektive der Opfer; die Transnationalität der Biopolitik von Flucht und Vertreibung des Ersten Weltkriegs im östlichen Europa; das Potenzial der digitalen Geisteswissenschaften durch die Erforschung von Vertreibung und militarisierten Landschaften, Krieg und Umwelt. Das Prisma anthropologischer Konstanten erlaubt es uns, die methodischen Grenzen der meist national fixierten Historiographien zu überwinden. Dieses Projekt zielt darauf ab, die bisher wenig erforschten Auswirkungen von Militäraktionen auf die Umwelt und die Lebenswelten der Bevölkerung während des Ersten Weltkriegs zu untersuchen, mit einem besonderen Fokus auf kriegsbedingte Vertreibungs-Migrationsregime in Osteuropa. Die Forschung konzentriert sich auf das österreichische Galizien, Kongresspolen und die rumänische Walachei als ausgewählte natürliche, anthropogene und ethnische Landschaften aus der Sicht der Militärmächte Deutschland, Österreich und Russland. Die Forschung untersucht die Gestaltung individueller und politischer Körper inmitten zusammenbrechender Imperien, den Einfluss der Biopolitik, der Militärmedizin und ihrer kolonialen Praktiken, sowie geschlechtsspezifische Erfahrungen innerhalb des Flüchtlingssystems, wobei die Umwelt als aktiver Teilnehmer am Krieg und seinen Nachwirkungen verstanden wird. Der interdisziplinäre Forschungsansatz verbindet produktiv und kritisch die Konzepte, Begriffe und Instrumente der Umwelt- und Raumgeschichte, der historischen Anthropologie, der Diskurs- und Bildanalyse sowie der Digital Humanities. Die Konzeptualisierung dieses Ansatzes wird das Potenzial der Militärgeschichte um eine innovative Schnittstelle zu Umwelt- und Migrationsstudien bereichern, indem sie die digitalen Geisteswissenschaften nutzt. Die Forschung wird sich auf verschiedene Arten von veröffentlichtem und unveröffentlichtem Material aus deutschen, österreichischen, russischen, polnischen und ukrainischen Archiven, Bibliotheken und Museen stützen. Das Projekt verbindet erstmals die Geschichte der Massenvertreibung mit der Medizin- und Umweltgeschichte und berücksichtigt verschiedene Akteure und Einflüsse. Es eröffnet neue Felder für das Verständnis von Migrationskrisen sowohl in der Vergangenheit als auch in der Gegenwart, indem es die menschlichen Reaktionen und Antworten auf Krisen im historischen als auch daraus abgeleitet für den gegenwärtigen Kontext untersucht. Das Innovationspotenzial liegt in der Gewinnung umfassender Erkenntnisse durch Massendaten-Analyse und GIS-Kartierung, die ein neuartiges, multidimensionales Verständnis der komplexen Geschichte der umweltbezogenen Ereignisse an der Ostfront während des Ersten Weltkriegs ermöglichen wird.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Österreich, Polen
Partnerorganisation
Narodowe Centrum Nauki (NCN)
Kooperationspartnerinnen / Kooperationspartner
Dr. Kamil Ruszala; Professorin Dr. Kerstin Von Lingen
