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Imperiales Erbe, proletarischer Staat und Staatenlosigkeit: Verflechtungen anti-bolschewistisch/emigrantischer- und sowjetischer Völkerrechtsdiskurse, 1918 – 1939

Antragstellerin Tatiana Khripachenko, Ph.D.
Fachliche Zuordnung Neuere und Neueste Geschichte (einschl. Europäische Geschichte der Neuzeit und Außereuropäische Geschichte)
Förderung Förderung seit 2025
Projektkennung Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 561121767
 
Das Projekt untersucht Verflechtungen zwischen anti-bolschewistisch emigrantischen und sowjetischen wissenschaftlichen Diskursen des Völkerrechts. Es will zeigen, dass diese Diskurse trotz politischer und ideologischer Unterschiede auf geteilten Begriffen beruhten und gemeinsame Probleme beschrieben. Diese Verflechtung beider Diskurse ist zum Teil auf das gemeinsame vorrevolutionäre intellektuelle Erbe zurückzuführen. Viele ihre Vertreter hatten an den gleichen Universitäten bei den gleichen Lehrern studiert. Gleichzeitig wuchs jedoch dem sowjetischen völkerrechtlichen Diskurs ein „eigener“ Staat zu, wohingegen der emigrantische Völkerrechtsdiskurs sich mit dem Verlust des imperialen Staates abzufinden hatte. Nach dem Zerfall des Russländischen Imperiums und der anschließenden Anerkennung der Sowjetunion fanden sich die emigrierten Völkerrechtler in der Position von staatenlosen Flüchtlingen wieder. Diese Konstellation führte sie vom vormaligen Großmachtdenken in imperialen Kategorien zum Universalismus. In ihrer Eigenschaft als Rechtsexperten versuchten sie, den internationalen Schutz des Status von Flüchtlingen und Minderheiten durch die völkerrechtlichen Organisationen und vor allem den Völkerbund zu sichern. Demgegenüber vertraten die sowjetische Völkerrechtler ursprünglich die Ideen der Weltrevolution und vom „Absterben“ der Staaten und des Völkerrechts. Allerdings wandten sie sich allmählig der Integration der Sowjetunion in die internationale Ordnung der Nachkriegszeit zu. Dabei entlehnten sie Ideen von der vorrevolutionären imperialen Völkerrechtswissenschaft und versuchten auch mit dem Völkerbund zusammenzuarbeiten. Das Projekt konzentriert sich auf drei Fälle. Sie untersuchen die Diskurse im Spannungsfeld zwischen dem gemeinsamen Erbe der vorrevolutionären Völkerrechtswissenschaft und der Differenz zwischen Staatsbildung und Staatenlosigkeit: 1) die Konkurrenz um internationale Anerkennung zwischen der sowjetischen und antibolschewistischen Regierungen; 2) imperiale und postimperiale Ordnungsvorstellungen in beiden wissenschaftlichen Diskursen; 3) politische und juristische Auseinandersetzungen über die neuen Praktiken der sowjetischen Staatsangehörigkeit und den legalen Status russischer Flüchtlinge im Exil.
DFG-Verfahren WBP Stelle
 
 

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