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„Moderne Frauen“ schreiben über die „moderne Welt“: Texte von Journalistinnen in der Prager liberalen Presse (1918‒1939)
Antragstellerin
Dr. Jana Marková
Fachliche Zuordnung
Europäische und Amerikanische Literatur- und Kulturwissenschaften
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 561367783
Die schnell steigende Produktion der Massenpresse und Fortschritte in der Frauenemanzipation brachten im Europa des beginnenden 20. Jahrhunderts ein neues soziales Phänomen hervor: Frauen, die für die allgemeinen, nicht speziell an Frauen gerichteten Zeitungen und Zeitschriften schrieben. Da ihre Arbeit für die Presse aber meistens nicht den Umfang und die Kontinuität einer männlichen journalistischen Karriere aufwies, blieb das Werk dieser Journalistinnen von der Medien- und Literaturgeschichte oft unbeachtet. Dieses Projekt befasst sich mit Texten von Autorinnen, die in der Ersten Tschechoslowakischen Republik (1918–1939) in verschiedenen Prager liberalen Periodika veröffentlichten. Einen Ausgangspunkt der Untersuchung bildet die Frage, welche diskursiven Selbstpositionierungen für diese Autorinnen charakteristisch sind. Meine These ist, dass die Journalistinnen in der liberalen Presse trotz der Vielfältigkeit ihrer Agenda und der individuellen Schreibstile eine ähnliche Rolle ausfüllten: Sie vermittelten, wie sich „moderne Frauen“ eine „moderne Welt“ vorstellen und in ihr agieren. Die Journalistinnen nahmen dadurch thematisch an dem damals florierenden Modernitätsdiskurs teil. Da die auktorialen Subjekte ihrer Texte aber eindeutig weiblich waren, lag es nahe, die Texte als einen spezifisch weiblichen und teilweise auch primär frauenadressierten Beitrag in der Debatte wahrzunehmen. Indem das Projekt das diskursive Handeln von Autorinnen im medialen Raum der Prager liberalen Presse analysiert, verfolgt es drei Ziele. Ausgehend von der Analyse der journalistischen Texte wird darauf geschlossen, mit welchen Erwartungen und Einschränkungen Autorinnen bei ihrer Arbeit für die Presse konfrontiert waren. Die Schreibmöglichkeiten, die Frauen zugestanden wurden, gelten dabei als Indikatoren der Frauenemanzipation. Zweitens trägt das Projekt zur Erforschung der weiblichen liberalen Repräsentationen von Modernität bei. Dadurch wirft es Licht auf kulturelle Konzepte, die teilweise bis heute normativ wirken. Drittens nimmt das Projekt feuilletonistische Schreibweisen in den Blick und analysiert ihre charakteristischen Merkmale wie die Inszenierung von Subjektivität und Spontaneität oder Humor als Mittel von Persuasion. Den Fokus auf liberale Periodika und den Verlagsort Prag ergänzen vergleichende Ausblicke auf andere Pressesegmente (kommunistische und konservative Presse) und die Arbeit von Journalistinnen in anderen Ländern (vor allem in Deutschland und Österreich). Durch die Berücksichtigung sowohl tschechisch- als auch deutschsprachiger Prager Journalistinnen wird eine nationale Engführung des Themas vermieden. Die Auseinandersetzung sowohl mit der Mehrheits- als auch der Minderheitenpresse zeigt, wie sich die strukturellen Besonderheiten der letzteren auf den weiblichen Journalismus auswirkten.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
