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Prosoziale Entscheidungen nach Läsionen der basolateralen Amygdala beim Menschen
Antragsteller
Professor Dr. Tobias Kalenscher
Fachliche Zuordnung
Biologische Psychologie und Kognitive Neurowissenschaften
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Kognitive, systemische und Verhaltensneurobiologie
Förderung
Förderung seit 2025
Projektkennung
Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) - Projektnummer 563814557
In diesem Projekt planen wir, die Rolle der basolateralen Amygdala (BLA) bei prosozialem Verhalten bei Patienten mit der Urbach-Wiethe-Krankheit (UWD) zu untersuchen. UWD ist eine seltene genetische Erkrankung, die selektive Läsionen in der BLA verursacht, während andere Hirnregionen intakt bleiben. Tierstudien deuten darauf hin, dass die BLA einige der Kernfunktionsprozesse von prosozialem Verhalten verarbeitet, was impliziert, dass die Intaktheit der BLA von entscheidender Bedeutung für Prosozialität ist. Studien mit UWD-Patienten liefern dagegen widersprüchliche Ergebnisse: Im Vergleich zu gesunden Kontrollpersonen sind UWD-Patienten hyperaltruistisch im Trust Game, zeigen hypermoralische Entscheidungsfindung in moralischen Dilemmata und sind eher bereit, Kraftaufwand zum Wohle Anderer zu erbringen. Dies deutet darauf hin, dass der Zusammenhang komplizierter ist als die einfache Gleichung, dass BLA-Läsionen zu weniger Prosozialität führen würde. In diesem Projekt möchten wir die Rolle der menschlichen BLA bei prosozialer Entscheidungsfindung untersuchen. Wir stellen theoriegeleitet sowie auf Basis vorläufiger Daten die Hypothese auf, dass soziale Distanz für prosoziales Verhalten nach BLA-Läsionen von Bedeutung ist, d. h. es macht einen Unterschied, wie sehr (oder wenig) sich ein Patient um den Empfänger in einem Ressourcenverteilungsproblem emotional sorgt. Wir argumentieren ferner, dass die Art der Kosten bei einer Aufgabe zur prosozialen Entscheidung, d. h. Effort vs. monetäre Kosten, wichtig für die Prosozialität der Patienten ist. Und wir vermuten, dass BLA-Läsionen die Flexibilität bei der Berücksichtigung sozialer Normen verringern, wodurch UWD-Patienten weniger anfällig für Framing-Effekte bei prosozialen Entscheidungen sind (hier, Framing-Effekte beschreiben das Phänomen, dass die Art und Weise, wie ein Entscheidungsproblem formuliert ist, Einfluss auf das Maß an Prosozialität hat). Um diese Vorhersagen zu testen, wollen wir 1. eine Effort-basierte Aufgabe zur sozialen Diskontierung entwickeln, um zu untersuchen, wie viel Kraftaufwand die Teilnehmer bereit sind, für den Nutzen anderer Individuen auf unterschiedlichen sozialen Distanzen zu erbringen; 2. UWD-Patienten und gesunde Kontrollpersonen bei dieser neu-entwickelten Effort-Aufgabe sowie bei einer herkömmlichen monetären Social Discounting Aufgabe vergleichen; 3. untersuchen, ob UWD-Patienten reduzierte Framing-Effekte bei sozialer Diskontierung aufweisen. Unsere Ergebnisse werden Theorien stützen, nach denen die BLA eine Rolle beim Abwägen von Eigeninteresse gegen prosoziale Motive spielt. Sie hätten außerdem Implikationen für ein umfassenderes Verständnis der Funktion der BLA bei Kognition und Verhalten, indem sie die BLA mit modellbasiertem Verstärkungslernen verknüpfen. Schließlich ist ein wichtiges Nebenprodukt unseres Projekts die Validierung der Entscheidungsaufgaben in einer diversen, nicht-westlichen und nicht-reichen Population in Südafrika.
DFG-Verfahren
Sachbeihilfen
Internationaler Bezug
Südafrika
Kooperationspartner
Professor Dr. Jack van Honk
